Die Verständnisfrage: Mit Maske aufs Rad?!
Warum tragen Radfahrende trotz geringer Ansteckungsgefahr manchmal FFP2-Masken? Das hat mit Training zu tun – und mit schlechter Luft.
In der Verständnisfrage geht es jede Woche um eine Gruppe, für deren Verhalten der Fragesteller_in das Verständnis fehlt. Wir suchen eine Person, die antwortet.
Béla Lars Müller, 43, Softwareentwickler aus Duisburg, fragt:
Liebe Radler, warum tragen manche von euch Masken, obwohl man sich mit dem Fahrtwind kaum anstecken kann?
Clemens Lode, 41, Autor und IT-Berater aus Düsseldorf, antwortet:
Schon vor der Pandemie habe ich manchmal eine Maske getragen, allerdings nur fürs Training. Das war eine Power-Maske, die hilft, die Atmung zu trainieren, und ist gut für den Stoffwechsel. Anfang 2020 hatte ich einen neuen Arbeitsweg, auf dem ich jeden Tag eine Stunde lang die Schnellstraße entlanggefahren bin, an Autos und Lastwagen vorbei, eine halbe Stunde hin, eine halbe zurück. Ich habe mich gefragt, ob es etwas gibt, das ich tun kann, um meine Lunge zu schützen, und mich im Internet auf die Suche gemacht. Seitdem trage ich immer eine Maske auf dem Fahrrad.
Nachdem ich mehr über die Luftverschmutzung in Deutschland gelesen hatte, habe ich einen Luftfilter in meiner Wohnung installiert, denn ich wohne in einer großen Stadt direkt an der Straße. Jedes Mal, wenn ich den austausche, sehe ich, was ich sonst eingeatmet hätte. Das motiviert mich, eine Maske auf dem Rad zu tragen.
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Von Maskengegnern wird häufig behauptet, dass Viren und Feinstaub so klein sind, dass sie nicht von den Poren gefiltert werden können. Die Leute verstehen nicht, dass da eine gewisse Elektrostatik herrscht. Ähnlich wie bei einem Staubwedel, auf dem der Staub kleben bleibt, weil Teilchen elektrisch geladen sind, werden auch FFP2-Masken so hergestellt, dass sie elektrostatisch wirken und Viren und Aerosole hängen bleiben.
Stickstoffoxide werden von meiner Maske nicht gefiltert, mir geht es primär um den Feinstaub, den die Autos produzieren. Jetzt im Winter, wo es so kalt ist, ist die Maske außerdem wie ein besserer Schal für die Lunge. Wenn man an kalten Tagen ohne Maske rausgeht, spürt man die kalte Luft in den Bronchien. Das ist erwiesenermaßen nicht gut für die Lunge, denn sie macht sie angreifbar für Viren und Bakterien. Mit der Maske atme ich wärmere, feuchtere Luft ein.
Aktuell trage ich eine sogenannte Elastomer-Maske, die so ähnlich aussieht wie eine Atemschutzmaske und einen handtellergroßen Filter hat. Anfangs habe ich eine FFP-Maske getragen, dadurch ist aber meine Brille beschlagen und ich hatte das Gefühl, dass an den Seiten Luft entweicht. Da habe ich mich nicht wirklich sicher gefühlt. Also habe ich verschiedene Masken getestet und bin bei einer aus Kalifornien geblieben. Dort haben sie Probleme mit Waldbränden und fürchterliche Luft, man kennt ja die Bilder, wo der ganze Himmel vom Rauch verdunkelt ist.
Also hat sich einer hingesetzt und eine Gummimaske entwickelt, die locker auf der Haut anliegt und trotzdem gut abdichtet. Sie ist sehr bequem. Und sie ist umweltschonender als eine FFP2-Maske, man wirft sie nicht weg, sondern muss nur den Filter austauschen. Einen Filter benutze ich circa vierzig Stunden lang, je nachdem wie hoch die Luftverschmutzung ist. Nach der Erstinvestition für die Maske, das waren etwa 100 Euro, kostet es pro Filter circa einen Euro, das ist also vergleichbar mit einer normalen Maske.
Weil die Maske ungewöhnlich aussieht, errege ich damit natürlich auch Aufmerksamkeit. Man wird manchmal angegriffen von Leuten, die sagen: „Damit kannst du doch nicht atmen.“ Ich möchte daran erinnern, dass es Schwächere gibt, für die Corona-Infektionen nach wie vor schwerwiegend sind. Maske zu tragen, ist meine persönliche kleine Demo.
Häh? Fragen Sie sich manchmal auch: Warum, um alles in der Welt, sind andere Leute so? Wir helfen bei der Antwort. Schicken Sie Ihre Frage an verstaendnis@taz.de.
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