: Die Tanzroboter
Alte Liebe (4): Mit akrobatischen Head Spins und Power Moves auf der Straße machten Breakdancer Anfang der 80er auf sich aufmerksam. Die „vierte Säule des Hiphop“ steht zwar noch, ist aber fast nur noch indoors zu besichtigen
Es prickelt nicht mehr, aber ganz verschwinden wird sie nie, die alte Liebe. Die taz nord würdigt in einer Serie Freizeit- und Kulturvergnügungen, die dereinst hip waren – und heute auf kleiner Flamme und in veränderter Gestalt weiterköcheln.
„Breakin’ – there’s no stoppin’ us“. Das kündigte die tanzende Armenviertel-Straßenszene im gleichnamigen Film bereits 1984 an. Tatsächlich hat die Breakdancer bis heute nichts und niemand stoppen können. Allerdings sind sie kaum noch auf der Straße zu beobachten, ihre Tanzschritte und Sprünge üben sie in Vereins-Hallen und ähnlichen Kultur-Reservaten. Leider, denn Breakdance ist nach wie vor eine tänzerische Weltsprache und bildet neben DJ-ing, Rap und Graffiti eine der Säulen der HipHop-Bewegung.
Erfunden wurde Breakdance Ende der 70er Jahre an West- und Ostküste der USA von afroamerikanischen Jugendlichen – als roboterhafter Tanz zu der neuen Musik von DJ-Größen wie Grandmaster Flash, Theodore oder Afrika Bambaataa, die Soul und Funk mixten. Auch Deutschland lieferte damals der Szene musikalische Energie in Form futuristischer Elektroklänge.
Die ersten hieb- und stichfesten Tanzschlachten, die „Battles“, bei denen sich rivalisierende Banden unblutige aber schweißtreibende Tanzgefechte lieferten, fanden allerdings in den Slums großer Städte in den Vereinigten Staaten statt. Heutzutage ist Breakdance jedoch längst im Mainstream angekommen. So haben die Organisatoren des Kunst- und Kulturprogramms der Bundesregierung zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 die Kraft der Tanzroboter erkannt. Vor knapp vier Wochen fand in Leipzig die „Hip Hop World Challenge 2005“ statt, ein offizieller Beitrag der Fußball-Großveranstaltung.
Wie lebendig der Tanzstil ist, zeigten zuletzt die 3.100 TeilnehmerInnen aus 30 Nationen der Hip-Hop-Weltmeisterschaften am vorvergangenen Wochenende in Bremen. Dort breakte man in drei typischen Tanzformen, zu denen – zumindest in den 80er Jahren – auch mal gerne weiße Handschuhe getragen wurden. Zunächst Breaking oder B-Boying, das zahlreiche akrobatische Elemente enthält. Ganz wichtig die Powermoves, die Drehungen um jede beliebige Körperachse. Am bekanntesten wohl die rotierende Windmühle, bei der sich die TänzerInnen mit gestreckten Beinen in die Höhe mit den Schultern als Lager um ihre Längsachse drehen. Schmerzhaft der Head Spin, das Rotieren auf dem Kopf.
Der Robot Dance oder Electric Boogie als zweite Breakdance-Variante lebt durch mechanische und abgehackte Roboter-Bewegungen. Das Locking wiederum ist geprägt durch überzeichnetes Gestikulieren wie man es bei Bewegungen von Marionetten oder Comicfiguren kennt. Oder bei den Strafraum-Schwalben einiger Fußballstürmer.
Jörg Heynlein