piwik no script img

Die StreitfrageIst Urlaub in Griechenland jetzt Pflicht?

Wenn die Krise Ferien macht: Sollten wir nach Griechenland in den Urlaub fahren, um den Menschen zu helfen?

Auf zur Akropolis. Foto: dpa

Am Donnerstag soll es weitergehen. Dann wollen die Staats- und Regierungschefs erneut über mögliche Hilfen für Griechenland reden, nachdem der Krisengipfel zunächst ohne Ergebnis blieb. Ende Juni soll das Land rund 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds zurückzahlen, was es aber momentan nicht kann.

Das geschieht auf der politischen Ebene – aber wie sieht es bei den Menschen aus? Die Austeritätspolitik trifft die Griechen bereits jetzt besonders hart. Jeder Dritte hat keine Krankenversicherung mehr, wegen der Einsparungen müssen Krankenhausstationen schließen, die Hälfte der Ärzte wurde entlassen. In der Krise sanken die Einkommen zwischen 2008 und 2012 im Durchschnitt um ein Viertel. Besonders stark schrumpften sie bei denen, die sowieso schon wenig verdienen. Im März diesen Jahres war jeder Vierte arbeitslos.

Und während über Griechenlands Zukunft diskutiert wird, packen die Deutschen die Koffer für den Sommerurlaub. Wenn sie die Nachrichten über die Lage in Griechenland hören, fragen sich viele, was sie selbst tun können. Warum also nicht im Urlaub nach Griechenland fahren? Der Tourismus-Sektor ist der wichtigste Wirtschaftszweig des Landes. Ein Fünftel des Bruttoinlandsprodukts wird durch die Urlauber erwirtschaftet. Vom Tourismus profitiert die große Hotelkette, aber auch der kleine Tavernenbesitzer an der Ecke.

Nachhaltiges Wachstum

Der Chef des griechischen Tourismusverbandes SETE, Andreas Andreadis, sagt, dass Griechenland ausländische Investitionen in Hotels und Infrastruktur brauche. Der Tourismus schaffe die Grundlage für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum. Hilft man als Griechenland-Urlauber also den Menschen vor Ort? Kritiker sehen dahinter nur die Interessen großer Verbände und fordern ähnliches wie für die sogenannten Entwicklungsländer: Es täte dem Land besser, sich nicht nur auf den Tourismus zu konzentrieren.

Griechenland, das war für die Deutschen lange Zeit nicht Krise, sondern Idyll. Mit Griechenland waren Inselhopping und Bilder von Sonnenuntergängen vor weißen Dächern verbunden, antike Grabungsstätten und Mythologie. In deutschen Songtexten ging es um jede Menge weißen Sand irgendwo in Griechenland, um weiße Rosen aus Athen und um griechischen Wein. Nach Griechenland sehnten sich nicht nur die sogenannten „Gastarbeiter“ zurück, sondern auch die Deutschen.

Wer heute, in der Krise, nach Griechenland fährt, hört Bedenken aus dem Bekanntenkreis. Wird man da nicht inzwischen angefeindet? Ist man als Deutscher in der politisch angespannten Lage überhaupt willkommen? Da hängen doch Bilder von Merkel in Nazi-Uniform, oder nicht? Kann da Urlaub in Griechenland überhaupt noch Spaß machen? Die Zahlen widersprechen dem: Vergangenes Jahr kamen besonders viele Urlauber nach Griechenland, darunter waren 2,5 Millionen Deutsche.

Kann man mit einem Urlaub in Griechenland also ein politisches Zeichen setzen? Und ist eine solche Reise nicht vielleicht sogar notwendig – um die Beziehungen zu verbessern, abseits von Brüsseler Verhandlungstischen? Um einfach nur Menschen zu treffen? Oder brauchen die Griechen etwas ganz anderes?

Kurzum: Ist Urlaub in Griechenland jetzt Pflicht? Was meinen Sie? Diskutieren Sie mit! Wir wählen unter den interessantesten Kommentaren einen oder zwei aus und veröffentlichen sie in der taz.am wochenende vom 27./28. Juni 2015. Ihr prägnantes Statement sollte nicht mehr als 400 Zeichen umfassen und mit Namen, Alter, einem Foto und der E-Mail-Adresse der Autorin oder des Autors versehen sein. Schicken Sie uns bis Mittwochabend eine Mail an: streit@taz.de

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Einen sehr guten Überblick über die Aktivitäten des landesweiten Netzwerks Solidarity4all und Daten über die krassen Verschlechterungen seit 2009 durch die Troika-Politik finden sich auf http://www.neues-deutschland.de/downloads/soli_beilage_Juni2015_lowres.pdf -

    "Soli-Beilage Juni 2015"

  • Wir hören täglich den Bericht:

    „Der Rettungsschirm ist nicht ganz dicht.“

    Hilft jetzt nur noch die Urlaubspflicht?

     

    Auf Kos sonnt sich die Oberschicht

    und Fischverzehr bewahrt vor Gicht.

    Auf Kreta war ich lange nicht;

    auch Rhodos ist ja ein Gedicht.

     

    Auf Korfu gibt`s das schönste Licht,

    das hell sich in den Wellen bricht.

    Wer der Geliebten Kränze flicht,

    erfüllt auf Mykonos die Pflicht.

     

    Doch Urlaubspflicht?

    Die mag ich nicht.

  • Nein. Es gibt auch andere Länder die Urlaubsgäste benötigen und die sparsamer wirtschaften.

     

    Wo sind denn Reformbestrebungen ? Die Auslandskonten reicher Griechen sind unangetastet, Steuern werden bei den Reichen auch wenig geholt, die Korruption ist nach TI sehr hoch und das Bodenkataster wurde nicht angegangen

     

    In der Slovakei haben die bewusst ein einfaches Steuersystem zur Vermeidung von Tricksereien. Die Renten sind halb so hoch wie in Griechenland. Malta hat als EU Land ordentlich gewirtschaftet, steht besser da wie Italien und hat ähnlich mit Flüchtlingen zu kämpfen.

  • Urlaubspflicht?

    Die gibt es nicht.

  • In meiner Nachbarschaft gibt es einen ollen Modellbahnladen, dem geht es finanziell schlecht. Eine echte Modellbahnkrise. Kauft Modellbahnkaufen!

     

    Oder geht zumindest mal raus. Da ist Sommer, jenseits des Internets. Und vielleicht sogar ein netter Grieche um die Ecke.