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■ Die Senatorin im InterviewRuhe, bitte

Bremen hat seine innovative Rolle in der Drogenpolitik schon vor zehn Jahren an den Nagel gehängt – so Sozialarbeiter vom Verein akzeptierende Drogenarbeit. In Köln und anderswo hingegen beginnt nächstes Jahr ein Modellprojekt zur Abgabe von Heroin als Medikament an Schwerstabhängige.

taz: Warum ist Bremen so zaghaft geworden in der Drogenpolitik?

Hilde Adolf: Ich bestreite, dass Bremen zaghaft geworden ist. Wir haben es geschafft, das Thema aus der Öffentlichkeit rauszuhalten, was für die Betroffenen, glaube ich, von zentraler Bedeutung ist. Wir können die Ruhe gebrauchen, um in diesem Bereich gute Arbeit zu leisten.

Dazu könnte auch die Teilnahme an dem Modellprojekt gehören. Fachärzte sagen immer wieder, dass die Ersatzdroge Methadon giftiger und körperlich schwerer auszuhalten ist als reines Heroin, dass also die Abgabe von Heroin gesundheitspolitisch und auch sicherheitspolitisch wirksamer wäre.

Das kann ich nicht im Detail sagen. Ich begrüße es aber sehr, dass das Modellvorhaben jetzt in Gang kommt, und wenn es da positive Erfahrungen gibt, die sich übertragen lassen, dann setze ich mich für eine Beteiligung Bremens ein.

Warum ist Bremen dann nicht von Anfang an dabei?

Die Entscheidung für die Teilnehmer an dem Projekt ist schon vor längerer Zeit gefallen. Soweit ich weiß, ist Bremen da gar nicht beteiligt gewesen.

Andere Länder, zum Beispiel Hamburg, haben sich an den Bund gewandt mit der Bitte um einen gesetzlichen Rahmen für die Abgabe von Heroin. Bremen sucht scheinbar nicht mehr nach neuen Wegen. Oder sind hier irgendwelche Innovationen zu erwarten, zum Beispiel in Sachen Druckräumen?

Die vehemente Forderung nach Druckräumen ist hier noch nicht erhoben worden. Wir haben in Bremen keine obdachlosen Drogenabhängigen, deshalb sehen wir keine zwingende Notwendigkeit dafür.

Also kein Bedarf an Änderungen, alles gut?

Die Größe der Szene erfreut mich nicht – ich finde, jeder Mensch, der dazu gehört, ist einer zuviel. Deshalb ist Prävention so wichtig.

Haben Sie in Ihrem Ressort denn gefragt, wie viele Schwerstabhängige in Bremen an dem Programm beteiligt werden könnten?

Rund zweihundert. Und das ist eine nennenswerte Zahl.

Fragen: hey

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