Die SPD legt Einwanderungsgesetz vor: Fachkräfte mit Punkten locken
Die SPD will qualifizierte Nicht-EU-Ausländer einfacher nach Deutschland holen. Doch vor der Wahl 2017 wird das Gesetz wohl nicht kommen.
„Dieses Gesetz ist notwendig, weil wir vor dramatischen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt stehen“, sagte Oppermann. In den kommenden zehn Jahren verliert Deutschland altersbedingt mehr als 6 Millionen Erwerbstätige. Mit einer Blue Card, mit der Nicht-EU-Ausländer für vier Jahre in der EU arbeiten können, kamen aber 2015 gerade mal 5.867 Personen nach Deutschland. Die deutlich höhere Immigration aus anderen EU-Ländern (2015: 385.000 Personen) könne den Fachkräftemangel auch nicht beheben. „Diese Einwanderung können wir nicht steuern“, sagte Oppermann.
Nach den SPD-Plänen soll der Bundestag jedes Jahr die benötigte Fachkräftezahl „bedarfsbedingt“ neu festlegen. Die SPD schlägt 25.000 für das erste Jahr vor. Ausgewählt würden die Bewerber nach einem Punktesystem, wie es auch in Kanada üblich ist. Dabei spielen die Ausbildung der Bewerber (maximal 35 von 100 Punkten), ihre Integrationsfähigkeit (15), Sprachkenntnisse (15) und auch ihr Alter (10) eine Rolle. Wer jung ist, schon mal in Deutschland gelebt hat und hier Verwandte hat, bekommt eine höhere Punktzahl. Entscheidend sei aber das konkrete Jobangebot (maximal 25 Punkte), betonte Oppermann. „Die rutschen in der Liste sofort nach oben.“ Ohne konkretes Jobangebot sei es de facto ausgeschlossen, die Mindestpunktzahl von 65 zu erreichen.
Für die Bewerbungen soll ein eigenes Internetportal geschaffen werden. Interessenten geben dort ihre Daten ein. Wer ausgewählt wird, muss bei einer deutschen Botschaft die Angaben bestätigen und sich einer Sicherheitsprüfung unterziehen. Steht der Einreise nichts im Wege, dürfen Personen erst für drei Jahre, danach auch entfristet in Deutschland arbeiten. Ehepartner und Kinder dürften mitkommen, wenn der Unterhalt gesichert ist. Ein Anrecht auf Sozialleistungen soll für die ersten fünf Jahre nicht bestehen.
Oppermann betonte, er wolle das Gesetz noch vor der Bundestagswahl im kommenden Jahr verabschieden. Dafür seien noch Gespräche mit dem Koalitionspartner nötig. Die CDU, die auf einem Parteitag 2015 für ein Einwanderungsgesetz gestimmt hatte, äußerte sich gegenüber der taz kritisch.
„Leute einwandern zu lassen, die kein Arbeitsangebot hier haben, nur weil sie eine Punktezahl erreicht haben, ist schädlich“, sagte Cemile Giousouf, integrationspolitische Sprecherin der Unionsfraktion. Es bedürfe weiterer Gespräche. Auch die Grünen kritisierten den Entwurf. „Zu einem Einwanderungsgesetz gehört nicht nur das Buhlen um Fachkräfte“, sagte Migrationsexperte Volker Beck.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär