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Die Prinzen und Xavier NaidooWo bleibt die Abgrenzung?

Auf Vox sang Naidoo das Deutschland-Lied der Prinzen. Nun treten die Musiker gemeinsam auf zur 1.000-jährigen Ersterwähnung Leipzigs.

Naidoo zeigt, wie rechtsextreme Denkmuster bis weit in die Mitte der Gesellschaft verbreitet sind. Foto: dpa

BERLIN taz | „Es bilden sich viele was auf Deutschland ein. Und mancher findet es geil, ein Arschloch zu sein“. So singt es die Band „Die Prinzen“ in ihrem Lied „Deutschland“, einer ironischen und kritischen Zustandsbeschreibung ihres Heimatlandes aus dem Jahr 2001. Ob sie damit auch jenen Künstler gemeint haben, der dieses Lied anlässlich der VOX Sendung “Sing meinen Song“ jüngst gecovert hat?

Naidoo bewegt sich seit längerer Zeit in einer diffusen Grauzone zwischen der Verschwörungstheoretiker-Szene und rechtsextremen Kreisen, die in der Szene rund um die Elsässers und Ken Jebsens dieser Welt längst ein Mobilisierungsfeld für sich entdeckt haben. Naidoo gab zahlreiche Interviews und hielt Reden, unter anderem bei der rechtsextremen Gruppierung der „Reichsbürger“, in denen er seine abstrusen Theorien bekräftigte.

Seine beliebteste und oft wiederholte ist jene von der besetzten Bundesrepublik. Weil Deutschland keinen Friedensvertrag besitze, sei es kein echtes also souveränes Land. In seinen Liedern macht er immer wieder antisemitische Andeutungen und bewegt sich damit nicht nur mitten im Diskurs der Verschwörungstheoretiker. Auch Rechtsextreme berufen sich oft auf seine politischen Äußerungen.

Dass Xavier Naidoo einen Hang zu polarisierenden Aussagen hat, zeigte sich schon früher. Das kann sich dann auch mal gegen Rechtsextreme richten. Im gleichen Jahr wie die Prinzen ihr Deutschland-Lied veröffentlichten sang Naidoo im antirassistischen Lied “letzte Warnung“ der Rapcombo „Brothers Keepers“ eine Strophe. Darin heißt es: „Unser Rückschlag ist längst in Planung (…) Wir geben Eurer braunen Scheiße endlich Aufhalt“ und zum Schluss: „Und was wir reichen sind geballte Fäuste und keine Hände.“ Wie wohl Naidoo heute darüber denkt?

Kritik unerwünscht

Naidoo bietet sich als Beispiel dafür an, wie rechtsextreme Denkmuster bis weit in die Mitte der Gesellschaft verbreitet sind. Und diese Mitte der Gesellschaft sieht fern. Auf VOX sang Xavier Naidoo nun also inbrünstig das Deutschland-Lied der Prinzen, die ganz begeistert mitsangen und -schunkelten. Sie fanden es mutig und gut von Naidoo, er habe damit ein paar Dinge klargestellt. Auch Naidoo selbst fand es „ganz geil“, dass man in einer TV-Show „mit leichter Muse dann doch trotzdem diese Themen anschneiden kann.“

Doch mehr als angeschnitten wurden sie nicht. Sebastian Krumbiegel bemerkt zwar anfangs bei der Bekanntgabe der Liedauswahl, „man kann die ganze Diskussion nicht in zwei Minuten abfrühstücken.“ Das war dann aber auch schon alles. Kontroverse Diskussionen waren nicht gewünscht. Die Musik sollte schließlich im Zentrum stehen.

Die seichten und harmlosen TV-Auftritte von Naidoo wirken jedes Mal wie eine kleine Rehabilitierung seiner durch die rechtpopulistischen Thesen verloren gegangenen Glaubwürdigkeit. Doch nicht alle stören sich an den Aussagen von Naidoo. Während sich alte Freunde wie die Popakademie oder auch Mannheimer Lokalpolitiker schon von Naidoo distanzierten, ist er im TV-Business immer noch ein Held und wird fleißig hofiert. Der Ruf als großer Popsänger hält sich hartnäckig.

Ein weiterer gemeinsamer Auftritt

Die Prinzen, allen voran ihr Sänger Sebastian Krumbiegel, sind bekannt für ihre kritische Haltung zu Rechtsextremismus. Krumbiegel trat nicht nur Anfang dieses Jahres auf einer Kundgebung gegen Legida auf, sondern unterzeichnete auch eine Stellungnahme, die sich klar von verschwörungstheoretischen Tendenzen und „deren Unvermögen, sich von Neurechten, Querfrontlern und politischen Esoterikern zu distanzieren“ abgrenzt.

Donnerstag starten in Leipzig die Feierlichkeiten zum 1000. Ersterwähnungsjubiläum der Stadt. Die Prinzen geben dazu ein exklusives Konzert und drehen gleichzeitig neue Videoaufnahmen. Und auch ein prominenter Gast wurde von der Band bereits angekündigt: Xavier Naidoo. Wo bleibt die Abgrenzung?

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3 Kommentare

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  • Beim kreuzer äußert sich Sebastian Krumbiegel dazu http://kreuzer-leipzig.de/2015/06/03/fragwuerdiger-gast/

     

    Zum Beispiel:

    »Wir haben mit ihm darüber geredet, damit ist das für mich geklärt. Ich habe dazu eine sehr klare Meinung und würde mich nicht auf solchen Veranstaltungen herumtreiben. Ich würde Xavier aber auch nicht auf solche Aussagen reduzieren«

  • Wer über mehr als ein Jahrzehnt fast nur zappelnde Jünglinge als Popstars zu verkaufen versucht, wenn Textinhalte von Songs primär auf Kritikfreiheit ausgerichtet sind, die nur dann noch "Sendung" finden und unaufmerksam machen. Ja,wer dies alles anrichtet, einfach nur aus dem Grund immer aufs Neue Mehrwert zu generieren und zeitgleich dem Vakuum zwischen den Ohren Zucker gibt... Der bekommt eben die "Stars" die er verdient.

    Ist im Sport wie in der Politik ebenso. Und keine gute Entwicklung für unsere Demokratie, wenn sich zwischen den Ohren nur noch der Schein bewegt.

  • Jeden anderen Esoterik-Faschisten hätten die Sender längst (zu recht) aus dem Programm geworfen. Warum nur diesen Herrn Naidoo nicht? Offenbar haben einige Leute noch nicht begriffen, dass rechte Volksverhetzer und Demokratiefeinde nicht blond und blauäugig sein müssen, sondern auch dunkle Hautfarbe haben können.

    http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/xavier-naidoo-pop-saenger-richtet-sich-an-verschwoerer-klientel-a-995909.html