piwik no script img

Die Polizei in Sachsens HauptstadtAlles verhältnismäßig?

Die Liste von Merkwürdigkeiten bei der Dresdner Polizei ist lang. Hier ein paar Beispiele aus den vergangenen Jahren – bis in die jüngste Zeit.

Im November waren es noch rund 5.500 Pegida-Demonstranten auf dem Theaterplatz vor der Semperoper in Dresden Bild: dpa

BERLIN taz | Es gibt besser beleumundete Polizeidienststellen als die von Dresden. Bereits vor der umstrittenen Verhängung eines umfassenden Demonstrationsverbots über die sächsische Landeshauptstadt sorgten die Beamten immer wieder für Negativschlagzeilen:

März 2006: Zwei Polizeibeamte entführen für mehrere Stunden einen Dreijährigen aus einer Kindertagesstätte, um an seine angolanische Mutter heranzukommen, die abgeschoben werden soll. Von „Geiselhaft“ spricht die Dresdner Ausländerbeauftragte. „Das war keine Meisterleistung, wir haben sehr unglücklich agiert“, räumt ein Polizeisprecher ein.

Oktober 2007: Das sächsische Justizministerium bestätigt, dass Dresdner Rechtsextreme in den Besitz von 37 Fotos von Antifaschisten und 9 von der Polizei angefertigte Videos gekommen sind. „Es konnte nicht festgestellt werden, wie die Kopien aus den Ermittlungsakten in die sogenannte Anti-Antifa-Akte gelangten“, teilt das Ministerium mit.

Februar 2011: Im Zusammenhang mit der Demonstration von Zehntausenden Menschen gegen einen Naziaufmarsch kommt es zum „Handygate“. Angeblich zur Aufklärung von Straftaten und um der – nicht existierenden – kriminellen Vereinigung „Antifa-Sportgruppe“ auf die Spur zu kommen, veranlasst die Dresdner Polizei mehrere Funkzellenabfragen. Insgesamt werden über 1 Million Verkehrsdaten von mehr als 330.000 Menschen abgefischt. Das erklärt das Landgericht Dresden im April 2013 für rechtswidrig.

August 2011: Die Polizei durchsucht die Wohnung des Jenaer Jugendpfarrers Lothar König im Zusammenhang mit Ausschreitungen bei der Anti-Nazi-Demo im Februar. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Geistlichen schweren Landfriedensbruch vor. Im November 2014 wird das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt.

Juni 2014: Im Anschluss an eine NPD-Kundgebung geleitet eine Polizeieskorte 40 Neonazis in den Sächsischen Landtag. „Hektisch bugsierten die Einsatzkräfte die Rechtsextremen in den Landtag, während die Gegendemonstranten mit teils massivem Schlagstock- und Pfeffersprayeinsatz zurückgedrängt wurden“, schildern die Dresdner Neuesten Nachrichten den Vorgang.

Dezember 2014: Nach einer Pegida-Demonstration greifen mehrere Dutzend Hooligans kurz vor Weihnachten in einem Shoppingcenter eine Gruppe Jugendlicher mit Migrationshintergrund an. Ein Mädchen wird dabei verletzt. Anfang Januar erklärt die Polizeidirektion Dresden, im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens werde dem Vorwurf nachgegangen, „dass Polizeibeamte die Anzeige der 15-jährigen Migrantin nicht aufgenommen hätten“.

Januar 2015: Am Dienstag vergangener Woche wird der Flüchtling Khalid Idres Bahray erstochen aufgefunden. „Die Ermittlungen ergaben bislang keine Anhaltspunkte für eine Fremdeinwirkung“, erklärte ein Polizeisprecher noch am selben Tag. Erst einen Tag später nehmen Kriminaltechniker die Spurensuche und Spurensicherung am Fundort richtig auf. Die Hintergründe der Tat sind bislang noch ungeklärt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 /