: Die Noise-Partikel im Folk entdecken
■ Skandinaviens Folkszene ist erstaunlich vielseitig. Nur Platten waren in Deutschland bisher kaum zu bekommen. Das Bremer Laika-Label will das jetzt ändern
Das Bremer Laika-Label hat vor kurzem eine neue Reihe gestartet. Die „Scandinavian Edition“ präsentiert ambitionierte Formationen aus Norwegen, Schweden, Finnland und Dänemark. Dabei reicht das stilistische Spektrum von traditioneller Folklore über zeitgenössischen Folk bis zu Jazz sowie Crossoverprojekten zwischen diesen Musikrichtungen.
„Die Folkszene ist in allen skandinavischen Ländern besonders lebendig“, sagt Peter Cronemeyer, der zusammen mit dem Bielefelder Gitarristen Uli Bögershausen das Laika-Label betreibt. Doch im Gegensatz zu anderen Folk-MusikerInnen haben die SkandinavierInnen auch ganz eigene Wege entwickelt, die überlieferte Musik mit modernen, zeitgenössischen Stilistiken zu verbinden und dabei eine erstaunliche Vielseitigkeit erreicht. Trotzdem war es bislang recht schwierig, Veröffentlichungen dieser Musik in Deutschland zu bekommen.
Das wollen die Labelmacher nun ändern, nachdem sie immer wieder auf dieses Problem angesprochen worden waren. So trat Cronemeyer an die staatlichen Musikförderinstitute der skandinavischen Länder heran und präsentierte die Idee einer Scandinavian Edition bei Laika. Damit stieß er natürlich auf offene Ohren, und die ersten Resultate liegen nun vor. Bisher veröffentlichte Laika drei Alben, weitere acht sollen im Verlauf dieses Jahres noch folgen, im Mai zum Beispiel eine CD der norwegischen Big Band Brazz Brothers.
Zwei der drei Formationen, deren Alben bereits erschienen, sind demnächst auch live zu erleben. Schon am kommenden Donnerstag, 22. März, tritt um 20.30 Uhr das schwedische Neo-Folk Quintett Groupa im Lagerhaus auf. Groupa ist ein gutes Beispiel für den oben beschriebenen Umgang mit der Tradition. Die Gruppe zählt zu den führenden Vertretern der regen progressiven Folkszene ihres Landes. Mit Geige, Flöten, Perkussion, Keyboards und Gesang bringen die fünf Mitglieder eine erfrischend moderne Folkvariante zu Gehör, die sich nicht auf die Bearbeitung eigener Traditionen beschränkt. Vielmehr werden Folklore-Elemente anderer Länder ebenso aufgegriffen wie Ausdrucksformen von Rock oder Jazz.
So grummelt eine Dronefiddle schon mal die Bassline einer Drum'n'Bass-Nummer oder die Fiedel jault wie eine Rockgitarre. Das Keyboard sülzt und daddelt nicht rum, wie häufig in Folkrock-Stücken, dafür steuert es immer wieder seltsame Noise-Partikel und Samples bei. Prägend in der Musik Groupas sind die rhythmisch fein akzentuierten und mitreißenden Melodien, die in die Beine fahren. Schon seit 20 Jahren arbeitet das Quintett an diesem spannenden Crossover von traditionellen und modernen Spielweisen, und das Ergebnis kann sich hören lassen.
Sechs Tage später ist dann das Duo Liisa Matveinen und Tellu Virkkala zu erleben. Die beiden Sängerinnen gelten als führende Stimmen der ebenfalls sehr lebendigen Volksmusikszene Finnlands. Unter dem Titel „Mateli – The blues of finnish women“ stellen sie Lieder der in Finnland berühmten Volkssängerin Mateli Kuivalatar (1771-1846) aus den beiden großen Nationalepen Kalevala und Kanteletar vor.
Die beiden Sängerinnen begleiten ihren Gesang unter anderem auf der Kantele, dem finnischen Nationalinstrument, sowie der Moraharpa, einer archaischen Schlüsselfidel. Interessant könnte der Vergleich zum Auftritt des finnischen Trios Kullervon Kosto sein, das kürzlich bei den „Women in (E)motion“ zu hören war. Arnaud
Groupa aus Schweden tritt am 22. März um 20.30 Uhr im Kulturzentrum Lagerhaus, Schildstraße 12-19, auf. Matveinen/Virkkala sind am 28. März um 20.30 im Bürgerhaus Weserterrassen, Osterdeich 70b, zu hören.
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