: Die Innovatoren
■ Nach gerühmten aber gefloppten Alben erzwingen die Jungle Brothers den Erfolg
Ist das der letzte Versuch? „V.I.P.“, die neue Single der Jungle Brothers, erweckt den Eindruck, als ob die Rapper den Erfolg diesmal erzwingen wollten: Auf der Hülle gucken die beiden verschmitzt aus quietschbunten Hemden mit Rosenmuster – als wären sie Partyvögel, denen jeder Familienvater das Musikprogramm für sein Gartenfest anvertrauen würde. „V.I.P.“ selbst könnte tatsächlich bei einer solchen Feier laufen. Ausgesprochen fidel und poppig klingt das Stück, produziert hat es der englische Partysound-Hooligan Alex Gifford von den Propellerheads, geremixt haben es Touché von den Wiseguys und Aphrodite, auch zwei englische Partysound-Hooligans.
Sollte der Erfolg so tatsächlich noch kommen, die Jungle Brothers hätten ihn verdient. Kaum eine andere Gruppe im HipHop hat für ihre Platten soviel Lob geerntet und sowenig Geld gesehen. Michael Hall und Nathaniel Hall waren 16, als sie sich Mike G und Afrika Baby Bam genannt und zusammen mit dem DJ Sammy B (der inzwischen ausgestiegen ist) ihre erste Single „Jimbrowski“ veröffentlicht haben. Darauf folgte 1988 das Debütalbum Straight Out The Jungle, eine erfolglose, aber ausgesprochen einflußreiche Platte. Hier nahmen die Jungle Brothers auch das Prinzip vorweg, mit dem andere aus dem gemeinsamen HipHop-Verbund Native Tongues Superstars wurden: Die Verse sind gescheit und gewitzt, die Sehnsucht heißt Afrika und beim Samplen gab es kaum Grenzen. Mit Todd Terry bringen die Jungle Brothers in „I'll House You“ zum ersten Mal Hip-Hop und House zusammen.
Nach einer weiteren erfolglosen Platte waren die Jungle Brothers 1993 auf dem Tiefpunkt angelangt: Ihre Plattenfirma lehnte es ab, das Album Crazy Wisdom Masters zu veröffentlichen, es ist schließlich erschienen in einer verstümmelten und überarbeiteten Version unter dem Namen J Beez Wit The Remedy. Die wenigen Menschen, die das Original gehört haben, schwärmen von einem Meisterwerk. Die Musikzeitschrift Spex schreibt von „Free Jazz Rap“. Auch J Beez Wit The Remedy war ein Flop. Die Gruppe löste sich auf, die drei gründeten Familien und wandten sich bürgerlichen Berufen zu. Daß auch Raw Deluxe, das vierte Album der Jungle Brothers nach ihrem Comeback 1997, wieder sehr gut und ebenso unverdient erfolglos war, dürfte in der Band keinen mehr erstaunt haben.
Um so erfreuter können die New Yorker jetzt sein. Im Alter von knapp dreißig Jahren werden sie als Klassiker wiederentdeckt: Von Fatboy Slim, der ein Stück der Gruppe auf seine Mixplatte nahm und von jungen HipHoppern wie Ugly Duckling, die sich auf ihrem Debüt auch an den Sound der frühen Jungle Brothers anlehnen.
Sebastian Hammelehle
mit Ugly Duckling: Mi, 30. Juni, 20 Uhr, Große Freiheit
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen