Die Grünen und Stuttgart 21: "Mit dem Stresstest ist nichts verloren"
Den Kampf gegen Stuttgart 21 will die Fraktionsvorsitzende der Grünen in Baden-Württemberg Edith Sitzmann nicht aufgeben. Knackpunkt des Projektes seien die Kosten.
taz: Frau Sitzmann, Stuttgart 21 kommt jetzt, oder?
Edith Sitzmann: Wir Grüne hoffen, dass Stuttgart 21 nicht kommt, weil ein modernisierter Kopfbahnhof die bessere Alternative ist. Übrigens auch nach dem Stresstest, der nur ein Bestandteil von mehreren in der Schlichtung von Heiner Geißler vom vergangenen Herbst ist. Die Gutachter von SMA sagen, der neue Bahnhof könne in Spitzenstunden 49 Züge abfertigen, so sei eine wirtschaftlich optimale Betriebsqualität gegeben. Ob das eine gute Qualität für die Reisenden ist, ist eine andere Frage.
Trotzdem sagen die von Ihnen akzeptierten Gutachter: Test bestanden.
Im Schlichterspruch von Heiner Geißler heißt es, es geht um eine gute Qualität im Sinne der Reisenden. Der Stresstest attestiert zwar einen optimalen Betrieb, aber nur im Sinne der Bahn. Bei vielen Details wie der Flughafenanbindung oder der Sicherheit muss immer noch teuer nachgerüstet werden.
Diese Woche scheiterte auch Ihr Plan, eine realistische Volksabstimmung über Stuttgart 21 hinzubekommen. Wie wollen Sie das Projekt noch stoppen?
48, ist seit der Landtagswahl Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag von Baden-Württemberg.
Für uns war immer der Hauptkritikpunkt, dass Kosten und Nutzen in keiner Relation stehen. Wir wollen, dass mehr Menschen auf die Bahn umsteigen. Bei Stuttgart 21 stehen Aufwand und Ertrag in keiner guten Relation. Der Stresstest war dabei nur ein Kritikpunkt. Mittlerweile gibt es genug Berichte über Bahn-Interna, dass die Kosten von maximal 4,5 Milliarden Euro nicht gehalten werden. An Mehrkosten wird sich das Land nicht beteiligen.
Das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 ist aus der Schlichtung ausgestiegen. War das ein Fehler?
Ich finde es bedauerlich, dass es so gekommen ist. Aber ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, dass das Bündnis in der öffentlichen Debatte weiterhin mitreden wird.
Stuttgart 21 zu kippen ist für die Grünen Prestigesache. Kann man da noch objektiv sein?
Wir haben immer gesagt, wir wollen alles tun, um das Projekt zu stoppen. Das werden wir auch weiterhin versuchen. Mit dem Ergebnis des Stresstests ist längst nicht alles verloren.
Die grüne Regierung wird weiterhin Demonstranten wegtragen lassen?
Recht und Gesetz gelten für alle. Uns ist wichtig, dass die Polizei auf eine deeskalierende Art vorgeht. Vor allem müssen die Rechte der Demonstranten gewahrt bleiben. INTERVIEW:
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt