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Archiv-Artikel

Die Gesichtsälteste

Die US-Serie „Golden Girls“ hat sie weltberühmt gemacht. Nun ist die beliebte Schauspielerin Estelle Getty gestorben

Von DENK

Die größte Überraschung ist, dass Estelle Getty erst 84 Jahre alt war, als sie am Dienstag in ihrem Haus in Los Angeles starb. Denn schon 1985 sah die Tochter polnisch-jüdischer Einwanderer älter aus – wenn auch nur im Fernsehen, in ihrer Lebensrolle der Sophia Petrillo in der US-Sitcom „Golden Girls“.

Einer weißhaarigen Perücke, der großen Brille mit den tief sitzenden Bügeln und dem Geschick der Maskenbildner war es zu verdanken, dass die damals 62-Jährige deutlich älter aussah als ihre Serientochter Dorothy, verkörpert von Beatrice Arthur, die im wahren Leben ein Jahr älter ist als Getty. „Für Sie ist es nur ein Job“, soll sie zum Maskenbildner gesagt haben. „Aber meine ganze Karriere ist vorbei, wenn Sie mich nicht wie 80 aussehen lassen.“ Es hat geklappt. Die „Golden Girls wurden ein internationaler TV-Hit, der Getty einen Emmy und einen Golden Globe einbrachte (Die Goldene Himbeere für „Stop! Oder meine Mami schießt“ lässt sich da leicht verkraften).

Nicht unterschlagen darf man auch den Anteil von Synchronsprecherin Barbara Ratthey an der perfekten Illusion, die Getty ihr tiefes, heiser krächzendes Timbre lieh, das deutsche Zuschauer noch heute vor allem mit dieser Rolle verbinden.

Auch Getty war Sophia Petrillo, diese resolute kleine alte Dame mit dem waffenscheinpflichtigen Mundwerk – und blieb es auch nach dem Ende der Serie 1992. Deswegen hat sie danach auch nicht mehr viel gespielt. Die Fantasie der Produzenten und Regisseure reichte offenbar nicht aus, um Getty neu zu erfinden. Mit Sylvester Stallone drehte sie „Stop! Oder meine Mami schießt“ und spielte – seine Mutter. Es folgten noch zwei weitere Filme, bevor Getty sich wegen ihrer Demenzerkrankung aus der Öffentlichkeit zurückzog: Publikumsliebling „Stuart Little“, in dem sie die Oma der Familie spielt und der unbedeutende „The Million Dollar Kid“.

Eine große Schauspielerin war Getty nicht, aber eine, an die man sich gern erinnert. DENK