■ Die Friedenstruppe hat Albanien wieder verlassen: Die Probleme sind geblieben
Daß Italien den mehrmonatigen Einsatz der multinationalen Friedenstruppe in Albanien nun, da die letzten Soldaten abgezogen sind, als Erfolg verkaufen muß, ist klar. Immerhin hatte die Diskussion über das Ob und Wie der „Operation Alba“ unter italienischem Kommando das Land an den Rand einer Regierungskrise gebracht.
Wenn jetzt aber der Sprecher der Friedenstruppe, Giovanni Bernardi, behauptet, der Einsatz habe den Albanern zeigen sollen, daß sie von Europa nicht allein gelassen werden, so mutet das zynisch an. Zynisch angesichts der Tausenden Albaner, die vor Chaos und Gewalt in ihrer Heimat nach Italien flüchteten und Rom unsanft daran erinnerten, daß sie Europa nicht allein lassen wollten. Wenn es auch nie offen ausgesprochen wurde: Für die Italiener war es das vorrangige Ziel von „Alba“, die unwillkommenen Gäste loszuwerden beziehungsweise gar nicht erst an Land zu lassen. In dieser Hinsicht war die militärische Operation ein voller Erfolg. Nicht zuletzt dank der Abschottung der Häfen in Albanien wurden die Menschen, teilweise gewaltsam, an der Flucht gehindert.
Daß auch der neue sozialistische Regierungschef Fatos Nano in Anbetracht eines dringend benötigten Engagements aus dem Westen mit Lob an die Adresse der Friedenstruppe nicht sparen kann, ist verständlich. Nur, seine Anmerkung, auch nach dem Abzug der Truppe werde kein Machtvakuum in Albanien entstehen, geht komplett an der Realität vorbei. Denn an diesem Machtvakuum, das vor allem im Süden des Landes noch immer andauert, hat die Präsenz der Truppe nicht das geringste geändert.
Diese Ereignisse nicht verhindert zu haben kann man den Soldaten nicht anlasten. Im Gegenteil. „Alba“ hat einmal mehr ein Dilemma deutlich gemacht, das auch aus anderen Regionen des Balkan nur allzugut bekannt ist. Die Frage nämlich, mit welchem Mandat die Träger derartiger Operationen eigentlich ausgestattet sind. Hätten die Soldaten wirklich mithelfen sollen, wie es unterschwellig immer gefordert wurde, in Albanien die Ordnung wiederherzustellen, hätte ein diesbezüglicher Auftrag klar erteilt werden müssen, notfalls um den Preis, in bewaffnete Auseinandersetzungen hineingezogen zu werden. Die internationale Gemeinschaft hat sich um eine eindeutige Antwort gedrückt, die Friedenstruppe ist abgerückt. Doch der Westen bleibt gefordert, und das nicht mit Panzern und Soldaten. Sonst kommen bald wieder die nächsten Boote aus Albanien. Und alle sitzen mit drin. Barbara Oertel
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen