Die EM auf Kleinbildschirm: So schwör hat’s der Redakteur
Von winzigen Fußballern, einem kleinen Michael Ballack und der vergeblichen Suche nach EM-Stimmung im Dönergrill draußen vor der Stadt. Ein Klagelied.
N atürlich steht in der Sportredaktion der taz ein großer Fernseher. Wie es sich gehört, sollte man meinen. Die diensthabenden Redakteurinnen sollen ja gerade während eines großen Turniers möglichst nah am Ball sein. Doch irgendetwas stimmt nicht mit dem Gerät im vierten Stock des taz-Hauses. Der Bildschirm bleibt schwarz, auch wenn gerade ein Spiel läuft.
Man hatte vor dem Umzug aus der Rudi-Dutschke-Straße in den Neubau nicht daran gedacht, die nötigen Anschlüsse zu verlegen. Dafür sitzt der Redakteur, von dem diese Zeilen stammen, nun während des Turniers nicht selten vor einem kleinen Tablet und verfolgt die Spiele auf einem winzigen Bildschirm.
Gut für die taz: dem kleinen Medienhaus entstehen durch das Streamen keine Kosten. Der Redakteur nutzt den Magenta-Account seiner basketballverrückten Söhne, den sie sich zugelegt haben, um den besten europäischen Basketballern in der Euroleague bei der Jagd auf die Körbe zuschauen zu können.
Wie gesund das für die Augen ist, hat sich der Redakteur noch nicht gefragt und wenn die Augen am späten Nachmittag zu brennen beginnen, dann schiebt er das auf den Heuschnupfen, der ihn seit Kindertagen plagt. Er hat sich an die winzigen Spieler gewöhnt, an den kleinen Magenta-Experten Michael Ballack, der ihm erklärt, was er gerade selbst erkannt hat, und den auch nicht größeren Owen Hargreaves, der mit beinahe schon niedlichem Akzent die Expertenrolle beim Bonner Medienhaus bestens ausfüllt.
Raus aus dem Zwergenmodus
Es war dann aber doch etwas anderes, als er sich vor ein paar Tagen zum Fußballschauen beim vorörtlichen Dönergrill verabredet hat. Wenn der 1. FC Union spielt, versammeln sich dort unter einem riesigen Empfangsgerät die Fans, das wusste er. Warum also nicht einfach mal dem Zwergenmodus entfliehen? Und es könne zudem gewiss nicht schaden, auch mal ein wenig EM-Stimmung einzuatmen. Nun, eine solche war beim Anpfiff des von so vielen mit Erwartungen überfrachteten Spiels von Frankreich gegen die Niederlande nicht wirklich zu erkennen.
Auch während und nach dem Spiel änderte sich an der Nicht-Stimmung nichts. Am Nebentisch hatten drei ältere Herren, nein, es waren alte Männer, Platz genommen und fachsimpelten. „Ich glaube, das Frankreich gewinnt, aber das ist meine ganz persönliche Meinung“, sagte einer. Später erklärte er noch, warum es so schwer sei, gegen Frankreich ein Tor zu erzielen. Das liege an der Viererkette der Franzosen, durch die man nicht hindurchspielen könne. Ob auch das lediglich seine persönliche Meinung war, blieb offen.
Der Redakteur genoss dennoch, das Spiel auf großem Bildschirm verfolgen zu können. Mangels Andrang hatte er ja auch freie Sicht. Es sei denn, einer der Männer von Nebentisch musste aufstehen, um die Toilette auszusuchen. Der Aufstehvorgang konnte sich – wahrscheinlich altersbedingt – durchaus mehrere Minuten hinziehen, was dem Redakteur dann die Sicht genommen hat. Das war dann doch ziemlich nervig, aber das ist nur die persönliche Meinung des Redakteurs.
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