Die Diesel-Frage in Berlin: Verkehrssenatorin prüft Fahrverbote
Wenn Tempo 30 nicht wirkt, sollen Diesel ab 2019 streckenweise nicht mehr fahren. Mit Ausnahmen für Handwerker und Anwohner.
Dieselfahrern bleibt eine Schonfrist, aber möglicherweise nur noch bis Anfang 2019. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht am Dienstag Fahrverbote für Diesel erlaubt hat, will Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, Grünen-nah) bis Jahresende prüfen, ob sich die Stickoxid-Belastung auch durch Tempo 30 und weitere Maßnahmen verringern lässt. Bei der besonders belasteten Leipziger und Potsdamer Straße ist das offenbar nicht möglich. „Da gehen wir davon aus, dass wir Schwierigkeiten haben werden, ohne Fahrverbote auszukommen“, so Günther.
„Fahrverbote in Berlin rücken näher“, überschrieb Günthers Verwaltung eine Pressemitteilung gleich nach Bekanntwerden des Urteils. Das Gericht hat erlaubt, sowohl ganze Zonen wie auch einzelne Strecken für Autos mit Dieselantrieb zu sperren – die Senatorin will das nur für einzelne Strecken nutzen. Um ein solches Verbot auch kontrollieren zu können, setzt Günther darauf, dass die 2016 schon mal gescheiterte „blaue Plakette“ doch noch kommt – und deren Grenzwerte die allermeisten der damaligen Dieselfahrzeuge nicht eingehalten hatten. „Die blaue Plakette ist dringender denn je“, sagte Günther, „sonst kann man den ruhenden Verkehrs nicht kontrollieren.“
Die Einführung der Plakette ist aber nicht im Sinne des gesamten Senats – beim Berliner Dieselgipfel im Herbst hatte sich Regierungschef Michael Müller (SPD) dagegen ausgesprochen. Daran hat sich offenbar nichts geändert: „Keine blaue Plakette“, hieß es am frühen Abend aus Müllers Senatskanzlei.
Die Strategie ist erkennbar
Erkennbar ist an diesem Dienstag, dass weder Günther noch Ramona Pop (Grüne) oder die Grünen-Fraktionsführung als die dastehen wollen, die den Berlinern das Autofahren verbieten. Unisono machen sie die Bundesregierung für die jetzige missliche Situation verantwortlich. „Skandalös“ findet es Günther, dass die die Verantwortung auf Städte und Gemeinden abgeschoben habe. Die Bundesregierung habe es bei mehreren Dieselgipfeln nicht geschafft, die Autohersteller auf eine Umrüstung zu verpflichten. Pop verwies auf die Versuche, mit Tempo 30 und anderer Ampelschaltung die Belastung zu senken: „Wir sind dabei, nach Möglichkeit Fahrverbote zu verhindern.“ Auch der Verkehrsexperte der Linksfraktion, Harald Wolf, mochte nicht nach Fahrverboten rufen und drängte die Bundesregierung, die Hersteller zu Nachrüstungen zu verpflichten: „Nur so ist jenseits von Fahrverboten kurzfristig eine deutliche Reduzierung der Emissionen möglich.“
Eindeutig gegen Fahrverbote spricht sich der Großstadtbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, der Spandauer Abgeordnete Kai Wegner, aus. „Die großen Städte dürfen nicht lahmgelegt werden“, sagte er. Das aber will Senatorin Günther ausdrücklich nicht – sie sprach vor den Journalisten von Ausnahmen für Handwerker und Anwohner. Das wäre ganz im Sinn der Handwerkskammer, deren Presseabteilung aufgeschreckt darauf verwies, dass das Gericht zur Verhältnismäßigkeit gemahnt habe – im Berliner Handwerk seien 60.000 Diesel unterwegs, „würden die ausgesperrt, hätte das fatale Folgen“.
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