Die Deutsche Bank und die Boni: Das Modell Spekulation ist ausgereizt
Die Bank will die individuellen Boni kürzen. Das ist kein Zeichen von Stärke, sondern macht deutlich, wie schlecht es ihr geht.
Für Investmentbanker werden die Zeiten härter: Die Deutsche Bank hat am Mittwoch angekündigt, dass sie die individuellen Boni streicht. Damit dürfte die Bank etwa 1,2 Milliarden Euro sparen.
Mitleid wäre allerdings übereilt. Die Investmentbanker werden auch weiterhin nicht darben, denn ihnen bleiben ja noch die Festgehälter, die ebenfalls sehr üppig sind.
Trotzdem ist es eine Zäsur, dass die Boni sinken. Denn bisher waren die Investmentbanker in London und New York die heimlichen Herrscher der Bank, während die offiziellen Chefs in Frankfurt eher wenig zu sagen hatten. Bereits die Bezahlung sagte alles: Die wichtigsten Investmentbanker verdienten mehr als die Vorstände der Bank.
Doch diese Schlachtordnung ändert sich jetzt. Angekündigt ist sie schon länger. Bereits im vergangenen Herbst ließ der neue Deutsche-Bank-Chef John Cryan öffentlich wissen, dass „die Leute im Bankensektor zu viel Geld verdienen“. Trotzdem ist es kein Zeichen seiner Stärke, dass er sich jetzt durchgesetzt hat und die Boni kürzen kann. Ganz im Gegenteil. Dieser Beschluss zeigt, wie schlecht es der Deutschen Bank geht. Die Lage ist so katastrophal, dass selbst die Investmentbanker einsehen müssen, dass der Untergang droht, wenn man nicht auf Boni verzichtet.
Viele Rechtsstreitigkeiten, kaum Investoren
Das zentrale Wort heißt „Kapitalerhöhung“. Die Deutsche Bank benötigt frisches Geld, weil sie weltweit in Rechtsstreitigkeiten verwickelt ist, die oft teuer werden. Allein 7,2, Milliarden Dollar kostet der Vergleich, der jetzt mit der US-Regierung ausgehandelt wurde. Also werden Anleger gesucht, die bereit sind, neue Aktien der Deutschen Bank zu zeichnen.
Doch willige Investoren gibt es kaum. Denn bisher war es ein Verlustgeschäft, bei der Deutschen Bank einzusteigen. Seit der letzten Finanzkrise hat das Institut bereits 21 Milliarden Euro von seinen Aktionären erhalten – und verbrannt.
Noch ärgerlicher: Wegen der Verluste gab es schon 2015 keine Dividende mehr für die Aktionäre – aber die Investmentbanker erhielten Boni in Höhe von 2,4 Milliarden Euro. Die Erträge der Bank wurden also nicht etwa an die Eigentümer verteilt, sondern es bereicherten sich die angestellten Top-Manager.
Diese Diskrepanz war derart offensichtlich, dass die Investoren die Flucht ergriffen – und die Aktie der Deutschen Bank immer mehr an Wert verlor. Zuletzt notierte sie nur noch mit etwa 17,40 Euro an der Börse. Im Mai 2007, vor der Finanzkrise, war sie noch knapp 118 Euro wert.
Für die Deutsche Bank ist es lebensgefährlich, dass der Aktienkurs so schwächelt, denn sie sitzt in einem Teufelskreis fest: Sie benötigt neues Kapital, aber je weniger die Aktie wert ist, desto mehr Aktien müsste sie ausgeben, um das nötige Geld einzusammeln – weswegen der Aktienkurs tendenziell noch weiter nachgibt. Im vergangenen Herbst wurde schon gemunkelt, dass die Deutsche Bank demnächst vom Staat gerettet werden muss.
Nun versucht es Bankchef Bryan mit einem Befreiungsschlag: Wenn die Boni sinken, ist mehr Geld für die Aktionäre da. Dies stabilisiert den Börsenkurs und macht eine Kapitalerhöhung leichter.
Die Deutsche Bank muss übrigens keine Angst haben, dass ihr die Investmentbanker abhandenkommen und zur Konkurrenz wechseln, weil sie dort besser verdienen. Denn das Geschäftsmodell „Spekulation“ ist ausgereizt. Die Finanzblase ist derart aufgepumpt, dass sie nicht mehr expandieren kann. Mit Finanzprodukten wie Derivaten lässt sich zwar noch Geld verdienen, aber sie sind kein Wachstumsmarkt – und extrem riskant.
Kurz: Die Deutsche Bank macht Verluste, ihr Hauptgeschäft stagniert und sie geht unkalkulierbare Risiken ein. Die gekürzten Boni sind nur der Anfang in diesem Drama.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!