: Die Beweise sind jetzt eindeutig
■ Massaker von bosnischen Serben an Muslimen in Srebrenica können aufgeklärt werden. Berichte über weiteres Massengrab bei Brcko. Nato-Generalsekretär sagt Kriegsverbrechertribunal Unterstützung zu
Belgrad/Brüssel (AFP/taz) – Die Beweise für die Massenhinrichtungen von Muslimen durch die bosnischen Serben sind eindeutig. Dies sagte der US-Gesandte John Shattuck gestern in Belgrad nach seiner Rückkehr aus Srebrenica. Die Beweise zeigten „sehr klar“, daß die Massaker tatsächlich stattgefunden hätten.
Der für Menschenrechtsfragen zuständige US-Staatssekretär war am Sonntag in die Region um Srebrenica gereist. „Das, was ich gesehen habe, entspricht den Berichten von Überlebenden der Massenhinrichtungen, der Orte, wo sie festgehalten und wo sie geschlagen wurden“, sagte Shattuck und fügte hinzu, die Tatsache, daß er nach Srebrenica habe reisen können, beweise, daß die serbischen Behörden in der Region zur Zusammenarbeit bereit seien. Die muslimische Enklave und UN-Schutzzone Srebrenica war im Juli 1995 von den bosnischen Serben erobert worden. Seither wurden Tausende Muslime vermißt. Das Tribunal zur Ahndung von Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien ist mit Ermittlungen zu Srebrenica befaßt.
Die Nato will nach den Worten ihres Generalsekretärs Javier Solana verhindern, daß Beweise für die Existenz von Massengräbern in Bosnien-Herzegowina vernichtet werden. „Ich werde Ihnen nicht sagen wie, aber wir werden es tun“, sagte Solana der belgischen Tageszeitung Le Soir. Dem Vernehmen nach will die Nato die Vernichtung von Beweisen verhindern, indem die Standorte regelmäßig überflogen und fotografiert werden. Falls eine Beweisvernichtung drohe, könnten auch spezielle Patrouillen organisiert werden.
Die bosnischen Serben sollen im Mai und Juni 1992 in der Region um die nordbosnische Stadt Brčko 3.000 Muslime und Kroaten getötet und in Massengräbern verscharrt haben. Dies berichtete die britische Tageszeitung Daily Telegraph. Das Blatt beruft sich auf Zeugenaussagen, die sein Korrespondent in der Region gesammelt haben soll. Danach wurden die Leichen in mindestens einem Massengrab verscharrt, in den Fluß Save geworfen oder in einer ausgedienten Fabrik beseitigt. Die gesammelten Informationen sollen dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zur Verfügung gestellt werden.
Der Chefankläger des Kriegsverbrechertribunals, Richard Goldstone, ist in Sarajevo mit dem Kommandeur der internationalen Ifor-Truppen zusammengetroffen. Goldstone wollte in Bosnien die Ermittlungen über die Massenhinrichtungen vorbereiten. Die Ifor habe zugesagt, seine Arbeit zu unterstützen, sagte Goldstone.
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