■ Hamburgs SchülerInnen auf der Straße: Die 168 Stunden der längsten Demo der Welt. Teil 4
: Die Behörde

Zuerst sieht man, daß man nichts sieht. Nebel klebt vor den Fenstern der Schulbehörde an der Hamburger Straße. Ein engmaschiges hellgraues Netz, das wegen Bauarbeiten vor dem Gebäude gespannt wurde, zerstört den letzten Rest freier Sicht. Unten, sechzehn Stockwerke tiefer, kommt gerade eine neue Gruppe DemonstrantInnen an. Am besten sieht man sie von einem Raum am Ende des Ganges aus, der nicht wesentlich größer ist als der Kopierer, der in ihm steht. Winzig klein sind die SchülerInnen von hier oben, vernachlässigenswerte Figürchen mit einem Protestplakat, das in der diesigen Luft kaum erkennbar ist.

Rund 2500 von ihnen haben in den vergangenen Tagen vor dem Gebäude gestanden – wesentlich mehr als erwartet, freute sich gestern die Hamburger SchülerInnenkammer. Wenn am Montag um sechs Uhr morgens die letzte Gruppe startet, hofft sie auf besonders große Beteiligung. Schon jetzt komme es immer öfter vor, daß rund hundert Jugendliche gleichzeitig zur Behörde marschierten. Zu sehen ist das von oben kaum. Doch einige Demonstrierende geben sich nicht damit zufrieden, vor dem Gebäude zu stehen. Über die Fußgängerbrücke gehen sie in das Einkaufszentrum, auf dessen erster Etage der Eingang zur Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung liegt, in guter Nachbarschaft mit einem Zeitungsladen und einem Café, an dessen runden Tischen sich einige nicht mehr jugendliche Gäste von den Weihnachtseinkäufen erholen.

Vor der Pförtnerloge des Amtes treffen sich die SchülerInnen mit der Pressesprecherin der Schulbehörde, Viola Griehl, oder mit Uta Köhne, der Referentin von Senatorin Rosemarie Raab (SPD). Daß die Sparpläne für die Schulen zurückgenommen werden müßten, fordern die einen und blasen in ihre Trillerpfeifen. Daß das nicht so einfach geht nach den Beschlüssen der Bürgerschaft, erklären die anderen.

Manche SchülerInnen rufen auch nur oben an, wenn sie vor der Behörde angekommen sind. Dann verlangen sie, mit Rosemarie Raab zu sprechen – oder sie wollen nur einen Gruß ausrichten an die Senatorin, die sie 16 Stockwerke höher allenfalls als fingergroße Gestalten wahrnimmt. Wenn sie denn aus dem Fenster blickt. Judith Weber