■ Die Anderen: Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" schreibt zum deutsch-türkischen Verhältnis / "Gazeta Wyborcza" und die "Berliner Zeitung" zum Urteil über das Beutekunst-Gesetz / "La Stampa" kommentiert die Nordirland-Friedensverhandlunge
Die „Frankfurter Allgemeine“ schreibt zum angespannten deutsch-türkischen Verhältnis: Einige EU- Mitgliedsländer haben der Türkei hinter vorgehaltener Hand zu verstehen gegeben, daß sie in Luxemburg falsch und schlecht behandelt worden ist. Und das ständige Drängen Washingtons in Brüssel, der Türkei aus geostrategischen Gründen den Beitritt zu ermöglichen, läßt so manche Brust anschwellen. Deshalb setzt Ankara offenbar darauf, jene EU-Mitgliedsländer für sich zu gewinnen, denen ein heimliches Ressentiment gegen die Ost-Erweiterung der EU unterstellt wird, weil diese vor allem Deutschland nütze. Gleichzeitig versucht man, Bonn nach Möglichkeit unter Druck zu setzen.
„Gazeta Wyborcza“ (Warschau) schreibt zum Urteil des russischen Verfassungsgerichts über das Beutekunst-Gesetz: Einerseits unterstützt die russische Nation einstimmig die Ablehnung einer Rückgabe geraubter Kunstschätze. Andererseits weiß Jelzin, daß dieses Problem nicht auf den innerrussischen Aspekt eingeschränkt werden kann und daß die Gefühle der russischen Gesellschaft keine Norm in den internationalen Beziehungen darstellen. Auf dem Spiel stehen nicht nur der Priamos-Schatz, sondern auch der freie Austausch von Kunstgegenständen und damit der Zugang zu den Errungenschaften der Menschheit, die Achtung für das Völkerrecht, das Prestige des russischen Staates sowie die Autorität seines Präsidenten.
Die „Berliner Zeitung“ geht in ihrem Kommentar „Die letzte Trophäe des gewonnenen Krieges“ auf einen weiteren Aspekt in der Diskussion um die Beutekunst ein: Deutschland hat einen völkerrechtlichen Anspruch auf Rückgabe der im Krieg geraubten Kulturgüter. Doch hat der Fall auch einen moralisch-historischen Aspekt, unter dem die russische Verweigerung gesehen werden kann. Rußland hat den Krieg unter unendlichen Verlusten gewonnen und steht doch heute, verglichen mit Deutschland, politisch und materiell wie ein Verlierer da. Die Beutekunst ist die einzige Trophäe aus dem Großen Vaterländischen Krieg, die dem angeschlagenen Selbstbewußtsein des Landes schmeicheln kann.
„La Stampa“ kommentiert die Nordirland-Friedensverhandlungen: Der Gipfel ist nahe, aber die letzten Meter sind bekanntlich die schwersten. Irland ist nur noch einen Schritt von einem historischen Abkommen entfernt, das dreißig Jahren Blut ein Ende setzen könnte. Aber Stunde um Stunde mußte der amerikanische Senator George Mitchell, der die Friedensverhandlungen in Belfast leitet, die Vorlage eines Entwurfes verschieben, über den sich die acht Parteien bis zum Donnerstag einigen müssen. Für die Arbeiten gibt es keine Uhrzeit mehr wegen der Begeisterung und der Hoffnung, die inzwischen auch die Kräfte ansteckt, die sich bislang unversöhnlich gegenüberstanden.
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