■ Die Anderen: Die "New York Times" über Suhartos Rücktritt / Die rechtsliberale dänische Zeitung "Jyllands-Posten" über die politische Lage in Deutschland vor den Wahlen / Das "Badische Tagblatt" zu den Castor-Transporten
Die „New York Times“ befaßt sich mit dem Rücktritt des indonesischen Präsidenten Suharto: Habibie ist etwas mehr als ein Suharto-Gehilfe. Die einzige Möglichkeit, selbst als vorläufiger Präsident Legitimität zu gewinnen, besteht darin, umgehend einen Termin für demokratische Wahlen festzulegen, seinem Kabinett eine Tagesordnung für Reformen zu geben und entschlossen gegen die korrupten Geschäftspraktiken der Suharto-Ära vorzugehen.
Weitere Turbulenzen kann Habibie nur vermeiden, wenn er Indonesien einen neuen Kurs gibt. In seiner früheren Rolle als Minister für Forschung und Technologie wurde er zu einem hervorstechenden Symbol für verschwenderische Ausgaben. Er verspricht jetzt ein verantwortlicheres Verhalten, aber es ist noch nicht klar, ob seine Handlungen auch seinen Worten entsprechen werden. Weder Washington noch der Internationale Währungsfonds dürften viel finanzielle Hilfe bereitstellen, wenn Habibie nicht Vetternwirtschaft beendet und wirtschaftliche sowie politische Reformen in die Wege leitet.
Die rechtsliberale dänische Zeitung „Jyllands-Posten“ (Aarhus) vergleicht die politische Lage in Deutschland mit der in Großbritannien vor dem Labour-Wahlsieg 1997: Es gibt unleugbar frappierende Ähnlichkeiten zwischen der politischen Lage in Großbritannien im Frühjahr 1997 und in diesem Jahr in Deutschland. (...) Dort wurden die Konservativen nach mehreren vergeblichen Anläufen von Tony Blair als dynamischer Führungsfigur geschlagen. In Deutschland hat die SPD nach vielen Jahren in der Opposition eine ähnliche Entwicklung unter Gerhard Schröder durchgemacht. (...)
Wenn diese Parallele wirklich bis zur Wahl halten soll, wird ein bestimmter Faktor ausschlaggebend: Die Bevölkerung, darunter auch sonst konservative bzw. die CDU stützende Wähler, sind der Regierung nach den vielen Jahren überdrüssig geworden. Da hilft es wenig, daß 1.001 CDU-Delegierte in Bremen ihren Kanzler zehn Minuten bejubeln, nachdem er zwei Stunden geredet hat, ohne etwas Überraschendes zu sagen.
Das „Badische Tagblatt“ zu den Castor-Transporten: Neben der Atomwirtschaft macht auch das Bundesumweltministerium unter Angela Merkel in der Affäre keine gute Figur. Denn die Behörde unterhält ein Bundesamt für Strahlenschutz, das unter anderem für die Zulassung von Castoren zuständig ist. Wenn also Bonn tatsächlich von den überhöhten Strahlungswerten bis vor kurzem nichts gewußt hat, dann haben notwendige Messungen an den beladenen Behältern offenbar nicht oder nur unzureichend stattgefunden. Dieses Versagen der Kontrolleure ist nicht nur unentschuldbar, es wirft auch die Frage auf, wie intensiv wohl die Sicherheit von Atomkraftwerken überprüft wird.
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