■ Die Anderen: "Le Monde", "Il Messaggero" und "Corriere della Sera" schreiben über ein entschiedeneres härteres Vorgehen der Europäischen Union in der Kosovo-Frage
„Le Monde“ fordert von der Europäischen Union in der Kosovo-Frage ein entschieden härteres Vorgehen gegen den serbischen Präsidenten Milošević: Als ob sich die Geschichte auf dem Balkan durch eine Laune des Schicksals ununterbrochen wiederholen müßte, erreichen uns aus dem Kosovo seit Monaten die gleichen Bilder und vermitteln den gleichen Eindruck von Bestürzung und Ohnmacht der internationalen Gemeinschaft wie vor einigen Jahren im Falle Bosniens. Während die Debatte in den diplomatischen Zirkeln über geeignete Maßnahmen kaum schärfer wird, spielt die Zeit tragisch gegen Kosovo-Albaner: Jeder Tag rechnet sich in Toten und Tausenden Zivilisten, die vor Milošević' Terror fliehen. Hat man nichts dazugelernt? Wie lange noch wird man den Präsidenten dessen, was von der Bundesrepublik Jugoslawien blieb, als unbedingt notwendigen Friedenspartner ansehen? Vergißt man nicht, daß er in Bosnien nachgab, weil seine Alliierten militärisch unterlagen und die Nato-Luftwaffe sie endlich bombardierte? Real muß die Europäische Union ihm drohen – militärisch, politisch, juristisch.
Man muß erwägen, Rußland die vom Westen erbetene Finanzhilfe zu sperren, wenn Moskau weiter Belgrads starken Mann schützt. Kurzum: Der Westen muß endlich wagen, sich ein neues Ziel auf dem Balkan zu geben. Das kann nur heißen: Schluß machen mit Slobodan Milošević.
Zur Debatte um ein schärferes Vorgehen gegen Milošević schreibt die römische Zeitung „Il Messaggero“: Um das Feuer im Kosovo zu löschen, hat Europa nichts Besseres gefunden als die eine oder andere Wirtschaftssanktion gegen Belgrad. Nach den kämpferischen Vorschlägen der vergangenen Tage wurde erwartet, daß die Europäische Union die Muskeln zeigt und Milošević ein Ultimatum stellt. Diese Erwartung wurde enttäuscht. Die Außenminister der 15 haben sich für das übliche Gestammel entschieden, das bereits ihre Strategie in Exjugoslawien charakterisierte, bevor die Amerikaner die Initiative ergriffen. Die gefaßten Entscheidungen haben geringe wirtschaftliche Bedeutung.
Der „Corriere della Sera“ aus Mailand sieht die EU hingegen auf dem Weg zu entschlossenem Handeln gegenüber Serbien: Europa wird kein zweites Bosnien zulassen. Die EU-Außenminister haben eine scharfe Warnung an Milošević gerichtet, der als der Hauptverantwortliche der neuen Gewaltwelle in der Region gilt. Der britische Außenminister Cook sagte, er habe von seinen Kollegen noch nie so scharfe und düstere Töne gehört. Dies sei die letzte Warnung an Milošević. Daß die Europäer nach der Demütigung in Bosnien jetzt Ernst machen wollen, ist bewiesen: nicht nur durch die Wirtschaftssanktionen, sondern auch durch die kaum verhüllte Drohung einer militärischen Intervention.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen