: Die Altlasten des Kongo holen Kabila ein
Regierungskrise und Kämpfe – im Kongo häufen sich schlechte Nachrichten. Bricht der Friedensprozess zusammen?
Während Kongos Präsident Joseph Kabila durch Europa tourt, häufen sich in seiner Heimat die beunruhigenden Nachrichten. Zuerst suspendierte Kongos zweitgrößte Rebellenbewegung MLC (Kongolesische Befreiungsbewegung) ihre Mitarbeit in der Übergangsregierung. Dann kam es im Osten des Landes zu Kämpfen zwischen Einheiten der ehemaligen Kabila-treuen Armee und Soldaten der größten kongolesischen Rebellenbewegung RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie) – den ersten seit dem Friedensvertrag von 2002.
Kongos Allparteienregierung ist seit Juli 2003 im Amt und soll den zwischen Warlords zerrissenen Kongo wiedervereinigen und zu freien Wahlen führen. Aber sie steht auf tönernen Füßen. Die bewaffneten Fraktionen, die sich 1998–2002 bekämpften, regieren jetzt gemeinsam, und eine komplizierte Machtbalance soll verhindern, dass eine Gruppierung mehr Kompetenzen hat als eine andere. Aber immer wieder versuchen einzelne Beteiligte, die Grenzen ihrer Macht klammheimlich zu erweitern.
So sieht sich MLC-Führer Jean-Pierre Bemba, einer der vier Vizepräsidenten unter Kabila und zuständig für Wirtschaftsfragen, als wichtigster Ansprechpartner ausländischer Investoren. Als Reaktion darauf verfügte Kabila, Regierungsmitglieder müssten sich beim Präsidenten eine Erlaubnis einholen, wenn sie ins Ausland oder auch nur in den Rest des Kongo reisen wollen. Seit letzter Woche hat der Präsident sich außerdem vor Gericht das Recht gesichert, im Alleingang Leitungsposten in Staatsbetrieben zu besetzen. Das musste zum Eklat führen.
Vollends brisant wird die Lage durch die neuesten Kämpfe in der Stadt Bukavu im unruhigen Osten des Kongo an der Grenze zu Ruanda. Die Kontrahenten sind Xavier Ciribanya, Gouverneur der Provinz Südkivu noch aus RCD-Rebellenzeiten; und Prosper Nabyolwa, frisch von Kabila berufener Militärkommandant der Region. Am Dienstag beschlagnahmten Nabyolwas Soldaten in Südkivus Hauptstadt Bukavu eine Waffenlieferung für den Gouverneur. Es kam zu Kämpfen mit schweren Waffen, die erst in der Nacht zum Donnerstag vorläufig abflauten.
Ciribanya ist einer der RCD-Hardliner im Ostkongo, die die Allparteienregierung in Kinshasa ablehnen und nach Meinung mancher Beobachter eine schlummernde Reserve für neue Rebellenbewegungen bilden könnten. Jetzt sagt er, er erkenne die Autorität des Kommandanten Nabyolwa nicht an, und bestätigt damit die Befürchtungen. Nabyolwa ist aber seinerseits eine schlechte Wahl als Vertretung der neuen kongolesischen Legalität. Er kommt aus der früheren Präsidialgarde von Zaires Diktatur Mobutu und verlor Bukavu 1996 an die damalige Rebellion Laurent Kabilas, um nach Kabilas Sieg 1997 dessen Armee beizutreten. Nun kehrt er nach Bukavu zurück, und gleich bricht wieder Unruhe aus.
Daraus könnte sich etwas entwickeln, wovor zivilgesellschaftliche Kräfte und UN-Experten seit Monaten warnen: ein „dritter Krieg“ im Kongo. Und die gleichzeitige Regierungskrise in Kinshasa bedeutet, dass ohnehin jede am Friedensprozess beteiligte Partei gerade vor allem an die eigenen Interessen denkt und nicht an die des Landes. Alle Voraussetzungen für einen plötzlichen Zusammenbruch des Friedensprozesses sind also gegeben. DOMINIC JOHNSON