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Die Alleskönner

Der FC Bayern zeigt beim 2:1-Erfolg gegen Paris St.-Germain die ganze Bandbreite seiner Fähigkeiten und vor allem eine beeindruckende erste Hälfte

Großer Vorwärtsdrang: Bayern-­Stürmer Luis Díaz auf dem Weg zum gegnerischen Tor Foto: Gonzalo Fuentes/reuters

Aus Paris Maik Rosner

Als es mit dem Abpfiff vollbracht war, ging vom Pariser Prinzenpark ein weiteres Signal an die europäische Fußballelite aus. Zu beobachten war nun, wie Vincent Kompany im Vollsprint zu seinen Spielern rannte, ehe Kapitän Manuel Neuer sie alle zusammenrief. Einen engen Kreis bildete das Team des FC Bayern mit ihrem Trainer. Gemeinsam hüpften die Münchner nach ihrem 16. Pflichtspielsieg in Serie Arm in Arm über den Rasen. Gefühlt ging nach dem 2:1 (2:0) gegen den Titelverteidiger Paris Saint-Germain von dem eingeschworenen Haufen der Münchner, von ihrer Geschlossenheit, eine Botschaft aus, welche die Konkurrenz kaum übersehen kann. Die Bayern hatten während und nach diesem Spiel gezeigt, dass mit ihnen in der Champions League zu rechnen ist.

Das ließ sich nicht nur wegen ihres Miteinanders konstatieren, sondern auch, weil Kompanys Mannschaft die ganze Bandbreite ihrer Fähigkeiten demonstriert hatte. „Wir haben gezeigt, dass wir nicht nur schön gewinnen können, sondern auch solche Spiele, in denen wir 45 Minuten nur verteidigen müssen, was nicht unsere Kernkompetenz ist“, fasste Linksverteidiger Josip Stanišićzusammen. „Wir konnten eine andere Facette zeigen, eine Facette, die wir über die Saison gesehen auch brauchen werden, und es war gut zu sehen, dass wir das können“, befand Joshua Kimmich. „Wie wir als Mannschaft, als Gruppe agieren, auf und neben dem Platz, das lässt was Richtiges entstehen“, frohlockte Sportvorstand Max Eberl.

Zunächst war den Bayern dank der Fusion von maximalem Selbstvertrauen und maximaler Fitness eine kolossale Machtdemonstration gelungen, als sie Paris mit ihrem offensiven, fast permanenten Hochgeschwindigkeitspressing regelrecht erdrückten und sogar mehr als die Tore von Luis Díaz in der vierten und 32. Minute hätten erzielen können. Zu Beginn der Partie hatten die Bayern nach einem Ballgewinn von Dayot Upamecano das Spiel über Kimmich, Serge Gnabry und Michael Olise rasend schnell zugespitzt, ehe Díaz einen Abpraller zum 1:0 ins Tor schoss. Vor dem zweiten Tor stibitze Díaz dem unaufmerksamen PSG-Kapitän Marquinhos vorm Strafraum den Ball vom Fuß und vollendete.

Es war auch für die Zuschauer eine atemberaubende Intensität, in der Paris zwar mehr Ballbesitz sammelte, aber unterlegen agierte. „Nach 25 Minuten habe ich mal nach oben geguckt und gedacht, ich kippe gleich um“, sagte Kimmich.

Er bezeichnete die erste Halbzeit sogar als die beste, die er in seiner Zeit beim FC Bayern seit 2015 erlebt habe. Nach der Roten Karte gegen Díaz wegen eines Fouls von hinten gegen den früheren Dortmunder Achraf Hakimi (45.+7) schafften es die Bayern sogar in Unterzahl, das Spiel bis Mitte der zweiten Halbzeit zu kontrollieren. Erst danach wurde Paris gefährlicher, kam durch João Neves zum 1:2 (74.) und dem Ausgleich nahe. Neben den herausragenden Innenverteidigern Upamecano und Jonathan Tah verhinderte Torwart Manuel Neuer mehrfach das 2:2.

Das Spitzenduell im Pariser Prinzen­park war von atemberau­bender Intensität

So glückselig sie beim FC Bayern gerade sind, wissen sie aber auch, dass der größte Teil der Strecke bis zur erhofften Teilnahme am Finale in Budapest in knapp sieben Monaten noch vor ihnen liegt, angefangen mit dem nächsten Topspiel beim FC Arsenal Ende November. Ob man jetzt einer der Topfavoriten auf den Titel sei? „Es ist viel zu früh, darüber zu sprechen“, sagte Kimmich und erinnerte daran, dass schon viele Mannschaften im November sehr gut in Form gewesen seien, es aber auf die Form im Frühjahr ankomme.

Die Bayern hoffen, ihre aktuelle Leistungsfähigkeit ebenso konservieren zu können wie ihren Zusammenhalt, auch dann, wenn die Langzeitverletzten Jamal Musiala, Alphonso Davies und Hiroki Ito eingebaut werden. Der Status quo aber stimmt sie zuversichtlich. „Momentan sind wir natürlich ein europäisches Topteam“, befand der oft kritische Kimmich und ergänzte: „Das hätte ich vor der Saison wahrscheinlich nicht gesagt: Aber uns hilft der kleine Kader. Jeder kennt seine Rolle, jeder ist sehr wichtig. Das schweißt eine Gruppe zusammen.“ Auch dieses Signal ging von Bayerns furioser Nacht in Paris aus nach ganz Europa.

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