piwik no script img

DevisenmärkteDer Euro im Allzeithoch

Die Stärke des Euro gegenüber dem Dollar spiegelt das kräftige europäische Wirtschaftswachstum wieder. Sie kann derzeit noch nicht mal die Exportbilanz Deutschlands trüben.

Die linke Währung läuft der rechten den Rang ab Bild: dpa

Nicht nur auf den Aktienmärkten werden derzeit Rekorde erzielt, sondern - von der Öffentlichkeit weniger beachtet - auch auf den Devisenmärkten. Am Dienstag mittag erreichte der Euro ein Allzeithoch von 1,3833 Dollar. Seit Jahresbeginn hat die europäische Einheitswährung nun schon gut 15 Prozent gegenüber dem Dollar gewonnen - und 66 Prozent seit Oktober 2000, als der Eurokurs bei 0,83 Dollar seinen tiefsten Stand erreichte.

Die Stärke des Euro ist zugleich die Schwäche des Dollar. Lange Zeit war die Geldanlage in Dollar attraktiv gewesen, weil in den USA höhere Zinsen zu bekommen waren. Doch im vergangenen Sommer stoppte die US-Notenbank Fed bei einem Satz von 5,25 Prozent ihre lange Reihe von Zinserhöhungen. Sie reagierte damit auf die Abschwächung der US-Konjunktur. Europa dagegen verzeichnet ein kräftiges Wirtschaftswachstum. Die Europäische Zentralbank (EZB) erhöhte munter die Zinsen immer weiter auf derzeit vier Prozent - und ein baldiges Ende des Aufwärtstrends wird nicht erwartet. Die Folge: Die Nachfrage nach Euro wächst, die nach Dollar nimmt ab.

Unter besonders starken Druck gerät der Dollar zurzeit wegen der Krise auf dem US-Immobilienmarkt. "Im Moment ist die Hypothekenkrise das alles beherrschende Thema, und die Entwicklung dort ist natürlich nicht gut für den Dollar", sagte ein Händler in Frankfurt. Gerade erst waren zwei große Hedgefonds durch hochspekulative Hypotheken-Deals in die Krise geraten. Unklar ist das Ausmaß der Probleme. Sicherheitshalber verkaufen Investoren in großem Stil Dollar-Anlagen und stecken das Geld lieber in weniger riskante Staatsanleihen, die auf Euro lauten.

Problematisch kann so ein Kursanstieg für die Wirtschaft werden. Durch den teuren Euro werden auch europäische Exporte auf dem Weltmarkt immer teurer. Weil er Wettbewerbsnachteile für die heimische Wirtschaft befürchtet, hat Franreichs Präsident Nicolas Sarkozy unlängst von der EZB gefordert, sie solle ihre Zinsen senken und so die weitere Aufwertung verhindern. Die EZB aber - und mit ihr die Bundesregierung - verweist auf ihre Unabhängigkeit. Keinesfalls will sie sich für die Konjunktur- und Industriepolitik der Regierungen einspannen lassen.

Ohnehin wiegeln die Notenbanker ab: Die Euro-Stärke reflektiere eben "die Stärke der wirtschaftlichen Entwicklung in Europa", erklärte EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark. Der hohe Eurokurs hat sich tatsächlich bislang kaum negativ ausgewirkt. Deutschland konnte seinen Rang als größte Exportnation der Welt verteidigen. "Panik ist unangebracht", findet auch der Präsident des Bundesverbandes des Groß- und Außenhandels, Anton Börner. Zum einen exportieren viele Unternehmen in Länder, die entweder auch den Euro eingeführt haben oder ihre eigenen Währungen am Eurokurs ausrichten. Nur zehn Prozent der Exporte aus der Eurozone werden laut Stark überhaupt in Dollar abgewickelt. Gerade deutsche Firmen, etwa die Maschinenbauer, besetzen zum anderen weltweit Nischenmärkte, wo wenig Konkurrenz droht und wo es deshalb nicht nur auf den Preis ankommt. Überdies wächst die Weltwirtschaft kräftig und damit auch der Markt für die Exporteure.

Und der starke Euro bringt nicht nur Nachteile für die Wirtschaft. So macht der Ölpreisanstieg den Europäern weniger aus, weil sie sich für ihre Euros mehr Rohstoffe leisten können. Überhaupt begrenzen die dank des starken Euros billigeren Importe den Preisauftrieb. Und je weniger Inflation droht, desto geringer ist die Gefahr massiver Zinserhöhungen, die wiederum die Konjunktur abwürgen könnten.

Doch auf längere Sicht könnte sich das Bild noch verdüstern. Im vergangenen Jahr konnten die deutschen Konzerne bei Bedarf durchaus auch mal mit dem Preis runtergehen, denn dank niedriger Zinsen und moderater Lohnentwicklung waren auch ihre Kosten gering. Doch Zinsen und Löhne ziehen an. Eine unangenehme Konkurrenz entsteht zudem durch die Schwäche des japanischen Yen und des chinesischen Yuan. Exporte aus diesen beiden Ländern werden im Vergleich zu europäischen Waren ausgesprochen günstig. Vergangene Woche zeigte eine Umfrage des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung unter Investoren und Analysten, dass die meisten ein Abflauen der Konjunktur erwarten. Als Begründung wurde neben steigenden Zinsen und Erdölpreisen vor allem der allzu teure Euro genannt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!