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Deutschsprachige „Huffington Post“Ein Danke für nichts

Die deutsche „Huffington Post“ sucht Autoren, die ohne Honorar für sie schreiben. Der Geschäftsführer sieht kein Problem, einige Autoren hingegen schon.

Geld für Gemüse: Verdienen können Autoren bei der „Huffington Post“ nichts. Bild: ap

Einige sehen darin ihre große Chance, andere nur eine große Frechheit – für ihr Debüt am 10. Oktober rekrutiert die Huffington Post derzeit fleißig Blogger und Gastautoren mit Experten-Wissen. Denen verspricht die Onlineplattform neben der Möglichkeit, ihren Namen publik zu machen, nicht viel: Eine Verlinkung auf das eigene Blog, die Referenz einer großen Marke, aber vor allem: kein Geld.

Als „einzig richtige Antwort“ auf solch ein Angebot wird auf Facebook und Twitter seit vergangener Woche eine E-Mail des Bloggers Kai Petermann gefeiert: „Ich gebe Ihren Vorschlag gerne an meinen Vermieter, den Lebensmittelhändler, den Tankwart und die Telekom weiter. Vielleicht kann ich in Zukunft dort ebenfalls ohne Bezahlung alle nötigen Dinge bekommen“, heißt es darin. Für den Designexperten, der inzwischen von seinem Blog leben kann, ist klar: „Leistung kostet Geld.“

Fragt man dagegen Oliver Eckert, Geschäftsführer der Tomorrow Focus Media GmbH, zu der die deutsche Huffington Post gehört, so zeichnet sich ein anderes Bild des umstrittenen Geschäftsmodells. „Die Huffington Post ist kein Newsportal klassischer Prägung, sondern eine Nachrichtenplattform, bei der die Leser und Zuschauer eingeladen sind, mitzumachen. Dabei gilt das Prinzip: Jeder darf, keiner muss.“

Ähnlich wie Petermann haben zwar laut Eckert noch einige andere der angefragten Blogger reagiert. Dafür habe man jedoch bereits Zusagen von rund 60 externen Gastautoren. „Blogger sollen in der Rolle von Gastautoren die klassische redaktionelle Berichterstattung bereichern. Damit wollen wir Menschen eine Stimme geben, die sonst keine haben.“

Aufmerksamkeit für das eigene Blog

Dieser Ansicht ist auch die Bloggerin Romy Mlinzk, die nicht nur begeistert ist, bald für die Huffington Post schreiben zu dürfen, sondern auch auf ihrem Blog erklärt, warum sie die mediale Aufregung über „unbezahlte Arbeit“ für fehl am Platz hält. „Eine solche Chance lasse ich mir nicht entgehen, nur weil man nicht bezahlt wird“, sagt sie der taz.

Durch die Beiträge, die sie ohnehin kostenlos auf ihrem Blog veröffentlichen würde, erhofft sie sich eine größere Öffentlichkeit für ihre Meinung, ihren Namen und ihr Blog. Zudem könnte sie als Reisebloggerin vom Ruf der Marke profitieren, wenn sie dadurch leichter an Vergünstigungen von Reiseanbietern oder weitere Aufträge gelangt.

Anders als Petermann hat sie nichts dagegen, dass die Huffington Post ihre Profite nicht mit ihr teilt. Stattdessen sieht sie es als Gewinn, dass dort feste Redakteure ihre Blogposts betreuen und ihr eine Plattform mit ausgebauter SEO-Infrastruktur (Suchmaschinenoptimierung) zur Verfügung stellen.

Für beide Autoren, Mlinzk und Petermann, ist die Unterscheidung zwischen Bloggern und Journalisten ausschlaggebend für ihre Einstellung: Während Petermann angibt, sich eigentlich nicht als Blogger zu verstehen, sagt Mlinzk ganz klar: „Ich sehe mich nicht als Journalistin.“ Die Vorteile des Bloggens bestehen für sie gerade darin, nicht an journalistische Grundsätze oder monetäre Zwänge gebunden zu sein, sondern persönliche Blicke vermitteln zu können. Im Gegensatz zu Petermann will die angestellte Social-Media-Expertin auch nicht vom Schreiben leben.

Genau das sei, so Petermann, in Zeiten des „kostenlosen Internets“ aber oft schwer: „Manchmal bekommt man als Bezahlung etwa einen 10-Euro-Amazon-Gutschein – auch davon kann man nur begrenzt leben.“ Für diejenigen, die es trotzdem versuchen wollen, eine echte Herausforderung, denn: „Man findet immer jemanden, der es noch billiger macht“, so Petermann.

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14 Kommentare

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  • R
    rätselnd

    Etwas überspitzt: Fährt die taz nicht ein vergleichbares Modell? Auch Ihre Redakteure werden deutlich unter Markt bezahlt - von manchen nur akzeptiert, um sich einen Namen zu machen und so zu "Spiegel" und Co. zu kommen.

  • KK
    Karl K

    Trompeter, Geiger und Clarinettist fahren Taxi;

    wer ist der Berufsmusiker?

     

    Klar. …der Taxifahrer;

    mit diesem steinalten " Musiker"witz ist alles gesagt.

     

    bis hin zu " pay for music - chicks for free…"

    ( Mark Knopfler) …und wie frauman den Laden kennt

    - fehlts an beidem; - an allem.

     

    Shut up - and play.

  • M
    Marvin

    Um Journalist zu werden, musste man früher zunächst mehrere Jahre als "Freier" für ein Zeilengeld von ein paar Pfennigen bei einer Lokalzeitung arbeiten. Dafür 'durfte' man sich die Wochenenden bei Schützenfesten oder Dorfparties um die Ohren schlagen, über die dann am Montag ein kleiner Artikel erschien. Die Profischreiber fanden das ok, "wir mussten alle mal klein anfangen".

    Vor diesem Hintergrund ist die Aufregung der etablierten Medien über Huffington nicht so richtig nachvollziehbar.

  • E
    Einar

    Ich sehe das eigentlich genauso wie im Artikel beschrieben, es gibt Leute die bloggen, schreiben um davon leben zu können, andere aus Spaß. Ich glaube und hoffe, dass zwischen beiden Gruppen ein so großer Unterschied in der Qualität der Artikel gibt, dass auch eine Bezahlung der ersten Gruppe nachvollziehbar ist. Ansonsten sollten diese sich überlegen, ob sie den richtigen Job haben. Qualität setzt sich durch und muss belohnt werden.

  • Es ist der Tag nicht fern, an dem man bezahlen muß, um arbeiten zu dürften. Open Access in der Wissenschaft macht es vor: hier sollen Akademiker pro Artikel teilweise mehrere hundert Euro berappen, um ihre Arbeit der Öffentlichkeit präsentieren zu können. Wenn das gerecht ist, verlange ich, daß andere Branchen in der Tat nachziehen ebenfalls die Früchte ihrer Arbeit kostenlos oder mit Draufgeld abgeben.

    • @Irma Kreiten:

      Ich glaube, man muss bei der Huffington Post unterscheiden, dass manche aus Hobby schreiben und sich wirklich freuen gelesen zu werden, andere müssen aber davon leben. Ich selber bin bezüglich der Huffington Post gespalten.

       

      Erst gestern meinte ein Veranstalter, der hochkarätige Referenten einlädt und bezahlt, dass ich doch kostenfrei einen Artikel für die Internetseite schreiben könnte. Schließlich bekäme ich ja die 300 Euro Eintrittsgeld erlassen. Das dies für mich zwei Tage Arbeit bedeutet, scheint nichts wert zu sein. Mir lag es auch auf der Zunge vorzuschlagen, man solle auch gleich mal meinen Vermieter anrufen, ob der mich kostenfrei wohnen lässt - bin als Mieter ja auch eine tolle Referenz.

       

      Ich arbeite als freier Journalist und blogge auch. In meinem Blog hat jeder Zugriff auf alle Inhalte - doch es braucht ein nachhaltiges Geschäftsmodell, sonst kann ich auf Dauer keine Qualität liefern. Zum Glück konnte ich schon recht früh einen Sponsor gewinnen und auch die Leser beteiligen sich gerne.

       

      Taz.de ist ja auch kostenfrei und soll es bleiben. Warum und wie das geht, erklärt Mathias Bröckers von taz.de hier: http://www.der-freigeber.de/echter-journalismus-wird-honoriert/

      • @Jens Brehl:

        Ich finde Ihren Kommentar etwas an der Sache vorbeigeschrieben. Es ging mir doch nicht um eine persönliche Kosten-Nutzen-Abwägung bezüglich der Frage, ob man für die Huffington Post schreiben soll, sondern um gewisse, immer mehr um sich greifende Geschäftsmodelle im Kultur- und Wissenschaftsbereich, die darauf setzen, dass Menschen aus den unterschiedlichsten Gruenden willens sind oder sich gezwungen sehen, fuer (fast) umsonst zu arbeiten, und dies fest in ihre Profitrechnung einalkulieren. Der naechste Schritt wird eine Art Eintrittsgeld sein, das man vor Antritt eines der erfolgversprechenderen Jobs zu entrichten hat. Das erfuellt dann gleich auch noch den politischen Zweck, dass nicht das "falsche" Milieu an gesellschaftliche Schluesselpositionen gelangt.

  • Habe soeben einen Artikel von Chefredakteur Sebastian Matthes gelesen, in welchem er erklärt, warum es sich lohnen soll für die Huffington Post zu schreiben:

     

    http://www.lousypennies.de/2013/09/27/sebastian-matthes-die-huffington-post-mehr-als-nachrichten/

     

    Ich selber weiß noch nicht, was ich davon halten soll.

    • M
      M.A.
      @Jens Brehl:

      Aus Geltungssucht sich selbstausbeuterisch Aufopfern damit der "Arbeitgeber" noch mehr Kohle scheffelt... und sich Jahre später wundern, warum es keine ordentlich bezahlten Jobs mehr gibt.

       

      Herrje, was gibt es da noch zu überlegen...

      ;)

  • 10 Euro Amazon Geschenkgutschein - dafür schraub ich noch nicht mal ein Thermostatventil an den Heizkörper - und das dauert grad mal 5 min ...

  • K
    Kalle

    Bei der Bildunterschrift "Geld für Gemüse" dachte ich es geht um die Bezahlung von Deniz Yücel und seiner Kolumne!

  • N
    niemals

    Wer so blöde ist, für umme zu arbeiten, hat's einfach nicht anders verdient. Wer die eigene prekäre Lage akzeptiert und dann Berichte über "Lifestylethemen" schreibt... ach, was soll's. Ich kauf' mir meine taz am Kiosk, dann habt ihr was davon und mein Kioskbesitzer auch, weil ich noch Zigaretten und 'nen Kaffee mitnehme. Weil Verantwortung bei einem selbst anfängt, pathetisch gesprochen. Und Bequemlichkeit der Tod ist, der für Zeitungs- und Kiosksterben gleichermaßen verantwortlich zeichnet!

    • A
      arigoe
      @niemals:

      @Niemals: Danke, dem kann ich nur zustimmen! Leider scheinen viele ihre Mitverantwortung an der Misere gerne auszublenden.

  • K
    käthe

    Also wird die Hufington Post Deutschland hauptsächlich aus denBloggern bestehen, die schon vorher niemand interessiert hat?

     

    Feminismus, Genderkacke und Heulsuserei werden kein Geschäftsmodell sein.