Deutschland räumt weniger Landminen: Verkrüppelte Sparschweine
Andere bezahlen viel Geld für das Räumen von Landminen, Deutschland spart im Haushaltsentwurf nun kräftig. Dabei wurde zuletzt nur etwa ein Prozent der verminten Fläche geräumt.
Heute bekommen alle Obleute des Haushaltsausschusses ein spezielles Geschenk: Sparschweine ohne Vorderbeine. Die verkrüppelten Tiere vom Aktionsbündnis Landmine.de sollen die Parlamentarier daran erinnern, dass Deutschland in puncto Minenräumung und -aufklärung knauserig geworden ist. Stellte die Bundesregierung im Jahr 2002 noch über 20 Millionen Euro dafür zur Verfügung, so sind im aktuellen Haushaltsentwurf nur "bis zu 10 Millionen" dafür vorgesehen, zuzüglich etwa 4 Millionen für Afghanistan und den Balkan.
Gemessen am Bruttoinlandsprodukt zahlt Deutschland damit gerade einmal drei Prozent dessen, was zum Beispiel die Slowakei aufwendet. Auch Dänemark gibt einen knapp zehnmal so hohen Anteil. Insgesamt hat die internationale Gemeinschaft sich im vergangenen Jahr finanziell stärker gegen das Minenproblem engagiert als je zuvor, was vor allem auf den Sondereinsatz nach dem Libanonkrieg zurückzuführen ist.
In dieser Woche will der Haushaltsausschuss des Bundestages in seiner Bereinigungssitzung nun die genauen Summen für den deutschen Beitrag festlegen. Sowohl die Linken als auch die Bündnisgrünen fordern eine deutliche Erhöhung der Mittel für die Minenräumung, und auch der SPD-Abgeordnete Lothar Mark hat angekündigt, dass ein bisschen mehr drin sein müsse als von der Bundesregierung geplant.
Das ist auch dringend nötig. Denn obwohl die Zahl der Minenopfer dank internationaler Räumaktivitäten deutlich sinkt, wurden auch im vergangenen Jahr wieder 5.751 Tote und Verletzte gezählt. Unter Beachtung der hohen Dunkelziffer sei aber von knapp 20.000 Opfern auszugehen, schätzt die internationale Kampagne für das Verbot von Landminen, die heute einen Bilanzreport veröffentlicht. Folglich steigt auch die Zahl der verkrüppelten Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind. Weltweit sind gegenwärtig knapp eine halbe Million Betroffener registriert. Vor allem Kinder werden häufig durch herumliegende Minen zerfetzt.
Vor knapp zehn Jahren war in Ottawa ein internationales Verbot der Herstellung, Weitergabe und des Einsatzes von Antipersonenminen beschlossen worden - und 155 Staaten haben inzwischen unterschrieben. Allerdings stellen Länder wie China, Russland, die USA, Kuba und Birma nach wie vor neue Antipersonenminen her. Russland und Birma setzen sie sogar weiter ein, und auch bewaffnete Gruppen zum Beispiel in Indien, Afghanistan, Irak und Libanon nutzen die billigen Waffen. Gegenwärtig sind weltweit noch immer 200.000 Quadratkilometer verseucht. Dagegen konnten seit 1999 nur etwa 2.000 Quadratkilometer geräumt und zur Nutzung freigegeben werden.
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel wird sich demnächst wieder mit dem Thema beschäftigen müssen. Am 3. Dezember, dem 10. Jahrestag des Ottawa-Beschlusses, sollen ihr eine Million Unterschriften übergeben werden mit der Forderung, auch minenähnliche Waffen wie Streumunition und Antifahrzeugminen zu verbieten. Solche Waffen, die ebenfalls wahllos Zivilisten treffen können, hat die Bundeswehr in großen Mengen in ihren Depots. Die Bundesregierung will, dass das so bleibt, um für hochmobile Auslandseinsätze und den Kampf gegen den Terror gerüstet zu sein. Noch fehlen etwa 17.500 Protestunterschriften - dann ist die Million voll. Thomas Küchenmeister vom Aktionsbündnis Landmine.de ist optimistisch: "Das schaffen wir noch."
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