■ Deutschland Tagebuch: 11. Sept. 1989: Bayern hört die Trabis kommen
Der Tag: Fast 6.000 DDRler aus Ungarn kommen im Westen an. Kanzler Kohl jubelt gerührt: „Wir werden Ungarn dieses Zeugnis der Menschlichkeit nicht vergessen.“ In Bayern ist man auf die Trabikolonne vorbereitet, „so a Auto hört ma ja von weitem schon, da hab i gwusst, die Sache is in Bewegung“, sagt ein Passauer.
Der Westen: Die regionale bayerische Presse verspricht den Ankömmlingen Jobs in Hülle und Fülle. „Über 4.000 Arbeitsplätze warten auf sie“, titelt die Passauer Neue Presse. Der bayerische Sozialminister freut sich über den „guten Gesundheitszustand“ der Neubürger. Ein Ankömmling will auf alle Fälle im Freistaat bleiben, „die Sprache ist mir sympathisch, außerdem gehört's nicht zu Deutschland“.
Der Osten: Die DDR ist orientierungslos und gekränkt. Erich Honecker ist gesundheitlich schwer angeschlagen. Ein SED-Funktionär sagt: „Wir haben den Eindruck, ein Staat ohne Führung zu sein.“
Schlagzeile in der taz: „Am Ziel – im Gelobten Land?“
Schlagzeile in Neues Deutschland: „Provokation gegen die DDR stabsmäßig organisiert.“ bed
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