Deutschland-Start für „BuzzFeed“: Skurrile Prokrastinationshilfen
„BuzzFeed“ feiert seinen Deutschland-Start im Katzencafé. Die Webseite soll vor allem in den Online-Netzwerken erfolgreich sein.
BERLIN taz | Die Idee ist so billig, dass sie fast schon wieder lustig ist. In den USA ist BuzzFeed nicht zuletzt damit populär geworden, soziale Netzwerke mit niedlichen Katzenbildern zu verstopfen. BuzzFeed sammelt diesen #catcontent sogar in einer eigenen Rubrik „Lates On Cats“. Und auch deutsche Internetnutzer müssen ab sofort nicht mehr fürchten, dass ihnen einmal die Katzeninhalte ausgehen könnten, denn BuzzFeed hat gerade seine deutsche Redaktion vorgestellt – in einem Berliner Katzencafé.
Mittwochabend in Neukölln: Während die beiden Kuschel-Kater Pelle und Caruso durch ihr Reich streichen, wirft ein Beamer die üblichen Folien an die Wand. BuzzFeed zähle auf seinem Angebot „150M+ monthly uniques“, also: monatlich mehr als 150 Millionen Besuche. Deutsche Nutzer sollen diese Zahlen weiter in die Höhe treiben. Mit BuzzFeed folgt damit nach der Huffington Post ein weiterer US-Dienst auf den hiesigen Markt.
Zunächst vier Netzliebhaber –immerhin hier: keine Katzen –kopieren dafür vor allem zusammen, was im Netz die Runde macht. Zum Start legte die Redaktion etwa „25 Dinge, die Dir nur in Berlin in der Bahn passieren können“ auf. Die Liste fasste Twitter-Einträge aus den vergangenen Jahren zusammen, etwa das Pferd, das einer mit in die S-Bahn genommen hat, oder das Krümelmonster, das in der Hauptstadt unterwegs ist.
Auf dem Tisch neben dem Beamer stehen Salz- und Pfefferstreuer in Kätzchenform, an der Wand hängen Katzenkalender, Gäste scherzen: die Toilette sei vermutlich bloß Streu.
Juliane Leopold, die Zeit und Zeit Online in sozialen Netzwerken groß gemacht hat und seit August das deutsche BuzzFeed aufbaut, hat zum Glück darauf verzichtet, an diesem Abend in ein Katzenkostüm zu schlüpfen.
Die Webseite als Nebenprodukt
Leopold ist zunächst mit „Buzz“ an den Start gegangen, wie hier die Listen heißen, die stets einen prägnanten Stempel aus der Netzsprache tragen, von „LOL“ über „Süß“ bis „omg“ und „wtf“ – auf den Tischen liegen neben Katzenbüchern analoge Aufkleber mit diesen Zeichen. Sie rufen: Markiert eure Laptops! Eine BuzzFeed-Mitarbeiterin markiert damit die gut zwei Dutzend Besucher. So ist manch einer zumindest an diesem Abend „Supergeil“.
BuzzFeed setzt auf Emotionen und das hat seinen Grund: Die Redaktion versteht sich nicht als Portal. Die Webseite, bei klassischen Angeboten das Herzstück, ist hier nur ein Nebenprodukt. Wichtig ist für BuzzFeed Viralität, will heißen: die Verbreitung der Inhalte in sozialen Netzwerken. Die Redaktion richtet ihre Einträge dafür, so gut es geht, darauf aus, dass Nutzer den „Buzz“ bei Facebook und Co. an Freunde weiterschubsen.
Hier will BuzzFeed auch Geld verdienen: Werbepartner sollen sich mit gesponserten Inhalten in diese „Feeds“ einkaufen können. In den USA ist das ein großes Geschäft, hierzulande noch nicht. Opel ist der erste große Kunde der Seite – der Autobauer punktet immerhin gerade auch bei Twitter mit Vines, also Sechs-Sekunden-Videos. Das alles hat einen großen Vorteil: Werbung wird endlich interessant.
Wenn sich die vier deutschen BuzzFeed-Macher von ihrem Katzenrausch erholt haben, sollen sie mit ihrem Angebot – irgendwann – das nächste Level betreten. BuzzFeed, das auch in Großbritannien und Frankreich eigene Ausgaben gestartet hat, „rollt“ seine Klone nämlich in mehreren Etappen aus. Erst kommt der „Buzz“, dann auch „News“ und schließlich „Life“ dazu, also Ratgeber, meist auch präsentiert in zugänglichen Listen.
Spätestens dann erwarten auch deutsche Nutzer skurrile Prokrastinationshilfen wie „12 Wege, wie sich Babys für die Zombie-Apokalypse vorbereiten“. Miau!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!