Deutsches Geheimdienstopfer: Regierung lässt CIA-Entführer in Ruhe
In der Opposition drängte die FDP noch auf Strafverfolgung der Entführer von Khaled el-Masri. Nun verzichtet die Regierung auf einen Auslieferungsantrag.
BERLIN taz | Am Ende siegt die Staatsräson: Nach erneuter Prüfung hat nun auch die schwarz-gelbe Bundesregierung entschieden, im Fall des vor sieben Jahren von den USA entführten Neu-Ulmers Khaled el-Masri nicht um eine Auslieferung der beteiligten CIA-Agenten zu ersuchen. Der Grund: Die fehlende Aussicht auf Erfolg. Das geht aus einer Antwort des FDP-geführten Bundesjustizministeriums auf eine schriftliche Frage des Abgeordneten Wolfgang Neskovic hervor, die der taz vorliegt.
„Im Ergebnis besteht kein Anlass, den Fall im Hinblick auf ein Ersuchen an die USA um Auslieferung der Verfolgten anders zu bewerten", heißt es in dem Schreiben. "Es ist nicht davon auszugehen, dass einem Ersuchen durch die USA stattgegeben würde."
Gegen 13 Mitarbeiter des US-Geheimdienstes CIA liegen auf Antrag der Staatsanwaltschaft München seit Januar 2007 Haftbefehle vor. Sie sollen den Deutsch-Libanesen el-Masri Anfang 2004 von Mazedonien nach Afghanistan verschleppt haben, wo er fast sechs Monate gefangen gehalten wurde.
Wie durch die von Wikileaks veröffentlichten US-Depeschen bekannt wurde, hatten die USA Druck auf Deutschland ausgeübt, nicht gegen die US-Geheimdienstler vorzugehen. So warnte laut einer als geheim klassifizierten Depesche vom 6. Februar 2007 ein US-Diplomat das Kanzleramt vor möglichen "negativen Auswirkungen" für die Beziehungen der beiden Länder. Es gehe nicht darum "zu drohen", sagte der US-Diplomat demnach einem Kanzleramtsvertreter, jedoch solle Deutschland "jeden Schritt sorgfältig abwägen".
Die frühere Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hatte denn auch darauf verzichtet, die USA um eine Auslieferung der mutmaßlichen Entführer zu ersuchen. Ein Versuch el-Masris, die Bundesregierung zu einem Auslieferungsantrag zu zwingen, war im Dezember 2010 vor dem Verwaltungsgericht Köln gescheitert. Dieser stehe bei solchen Entscheidungen ein weiter Ermessensspielraum zu.
Auf diese Gerichtsentscheidung verweist nun auch das Bundesjustizministerium von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Im Fall el-Masris sei zwischen der "Erfolgsaussicht eines Auslieferungsersuchens einerseits und dem außenpolitischen Interesse andererseits abzuwägen", heißt es in dem Schreiben. Erstere fehle "nach wie vor", auch der Regierungswechsel in den USA vor zwei Jahren habe daran nichts geändert.
Teile der Opposition hatten gehofft, dass mit einem Führungswechsel sowohl im Bundesjustizministerium als auch im Auswärtigen Amt von der SPD zur FDP doch noch ein Umdenken möglich wäre. Schließlich hatten sich die Liberalen im Fall el-Masri zu Oppositionszeiten noch als eifrige und auch von Grünen und Linkspartei hoch geschätzte Aufklärer betätigt.
So hatte der Bundestagsabgeordnete Hellmut Königshaus als FDP-Vertreter im BND-Untersuchungsausschuss im September 2007 die schwarz-rote Regierung noch heftig kritisiert, weil sie das Inhaftierungsersuchen der Münchner Staatsanwalt gegen die mutmaßlichen CIA-Entführer nicht an die USA weitergeleitet hatte. „Die Bevölkerung erwartet zu Recht, dass die Bundesregierung die Justiz bei der Verfolgung schwerer Straftaten unterstützt und die Durchsetzung der Gesetze nicht politischem Opportunismus unterordnet", wetterte er damals.
In der Regierung aber scheut sich die FDP nun, doch noch auf eine Auslieferung der CIA-Entführer zu drängen. Ein Versuch, der tatsächlich ziemlich chancenlos wäre und die USA verärgern würde. Vor allem das Auswärtige Amt von Guido Westerwelle (FDP) habe deshalb dafür plädiert, auf ein von vorne herein zum Scheitern verurteiltes Ersuchen gleich ganz zu verzichten, hieß es in Regierungskreisen.
„Frei nach Hellmut Königshaus darf man festhalten: Westerwelle und Leutheusser-Schnarrenberger sind politische Opportunisten", ätzte am Freitag der Linksparteiabgeordnete Neskovic gegenüber der taz. „Ihre servile Unterwürfigkeit gegenüber den Amerikanern ist einer Bürgerrechtspartei unwürdig."
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