Deutscher Junior in Melbourne im Finale: The next Boros Beckerous?
Der Deutsch-Grieche Alexandros Georgoudas steht im Junioren-Finale von Melbourne und gilt als größtes Talent seit dem rothaarigen Leimener.
MELBOURNE taz Nebenan strömte das Volk zum Halbfinale zwischen den Spaniern Rafael Nadal und Fernando Verdasco, und wie immer war die Hütte voll. In der Margaret Court Arena verloren sich derweil kaum zwei Dutzend Zuschauer auf 6.000 Plätzen; die Stimmung war beschaulich. Nach der brutalen Hitze des frühen Nachmittags von 45,1 Grad war das Thermometer fast 20 Grad gefallen, Möwen schwebten im Tiefflug vorbei, und die Sonne verschwand dekorativ hinter den Hochhäusern der Stadt. Dafür hatte Alexandros-Ferdinandos Georgoudas keinen Blick. Er war dabei, den größten Erfolg seiner noch jungen Laufbahn einzutüten. Mit einem souveränen Sieg (6:4, 6:4) gegen den an Nummer zwei gesetzten Julen Uriguen (Guatemala) erreichte er das Finale des Juniorenturniers von Melbourne.
Hatte nicht Boris Becker noch zu Beginn der Woche in einem Interview beklagt, mit dem deutschen Tennis sei nichts mehr los? Der Sieg des knapp 18 Jahre alten Deutschgriechen aus Hannover passt dagegen ins positive Bild, das die deutschen Junioren bei diesem Turnier hinterließen. Fünf hatten sich qualifiziert, der Bielefelder Richard Becker erreichte das Viertelfinale, Georgoudas das Finale. "Das spricht für unsere Arbeit", sagt Peter Pfannkoch, Nachwuchstrainer des Deutschen Tennis Bundes (DTB) für die 15- bis 18-Jährigen. Der letzte deutsche Spieler, der bei den Junioren im Finale eines Grand-Slam-Turniers spielte, war Daniel Elsner 1997 in Wimbledon. Der steht aus demselben Jahr auch in der Siegerliste der Australian Open, ebenso wie Nicolas Kiefer (95) und Dirk Dier (90). Neben ein paar anderen Spielern, die nicht ganz unbekannt sind: Andy Roddick, Marcos Baghdatis oder Gael Monfils. Georgoudas, der eine deutsche Mutter und einen griechischen Vater hat und bis zum 14. Lebensjahr in Thessaloniki lebte, landete vor drei Jahren in Hannover, weil ihm daheim der Trainer abhandengekommen war und der griechische Verband kein Interesse an ihm zeigte.
Hannover ist neben Oberhaching und Stuttgart-Stammheim einer der drei Stützpunkte des DTB, die pro Jahr zur Förderung insgesamt rund 600.000 Euro vom Verband erhalten. Pfannkoch sagt, er sei mit der Entwicklung von Georgoudas sehr zufrieden, legt aber auch großen Wert auf die Feststellung, man müsse Geduld mit den jungen Spielern haben. Es sei wenig sinnvoll, auf Überflieger wie Nadal zu warten; ein normal begabter Spieler sei erst mit 21 oder 22 fertig ausgebildet; alles, was bis dahin passiere, müsse man als Lehrzeit betrachten.
Georgoudas lernt gut und gern. Und er hat sich längst daran gewöhnt, dass sich kaum einer diesen Bandwurm von Namen merken kann. Die anderen in der Trainingsgruppe nennen ihn einfach Alex, Freddy, Greece oder Grieche. Nicolas Kiefer, der auch in Hannover trainiert, sagt, Georgoudas sei ein Haudrauf Marke Mark Philippoussis, aber beim Sieg im Halbfinale von Melbourne zeigte der junge Mann eine andere Qualität. Es gelang ihm, die Mätzchen seines Gegners aus Guatemala zu ignorieren und sich von Rückschlägen nicht aus dem Konzept bringen zu lassen. Vielleicht schwebte er auch deshalb ein wenig auf einer Wolke, weil er vorher von Roger Federer als Trainingspartner ausgewählt worden war.
Er selbst gibt zu, Geduld gehöre sonst nicht unbedingt zu seinen Stärken, im Gegensatz zum Aufschlag und zur Vorhand. Im Finale in der Nacht zum Sonntag gegen den an Nummer eins gesetzten Inder Yuki Bhambri war all das gefragt. Aber natürlich auch, mit einer imponierenden Kulisse wie der Rod Laver Arena klarzukommen, auch wenn darin bei diesem Spiel natürlich keine 15.000 Zuschauer saßen so wie am Abend zuvor beim Spektakel mit Nadal. Es ging dabei um einen Pokal, aber auch um einen Freifahrtschein in die Zukunft. Der Sieger des Juniorenturniers erhält im Jahr nach seinem Sieg einen Platz im Qualifikationsturnier bei den Großen. Es war Alexandros-Ferdinandos Georgoudas klar, dass er es selbst in der Hand hatte, sich einen Namen zu machen. Auch wenn das einer ist, den sich kaum jemand merken kann.
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