Deutscher Bob- und Schlittenverband: "Wir sind zu besiegen"
Verbandsfunktionär Stefan Krauß im Gespräch über die schier unglaubliche Dominanz der deutschen Rodlerinnen.
taz: Herr Krauß, im Weltcup liegen vier deutsche Rodlerinnen vorn, Tatjana Hüfner vor Natalie Geisenberger vor Silke Kraushaar-Pielach und Anke Wischnewski. Die Konkurrenz ist chancenlos. Seit Jahren. Was ist da los?
Stefan Krauß: Schwer zu sagen.
Schwer?
Gut, unsere Damen trainieren unter hervorragenden Rahmenbedingungen. Sie pushen sich seit Jahren gegenseitig zu Höchstleistungen. Sie wissen, dass sie die absolute Weltspitze darstellen. Dadurch haben sie in jedem nationalen Wettkampf den absoluten Vergleich. Alle, auch der Nachwuchs, orientieren sich immer am höchstmöglichen Standard.
Das muss die Konkurrentinnen doch sehr frustrieren?
Na ja. Die anderen wären schlecht beraten, wenn sie das frustriert. Das muss motivieren. Bei den Männer geht es doch auch. Wir sind zu besiegen. Man muss nur professionell mit seinem Sportgerät arbeiten und an seinen fahrerischen Fähigkeiten feilen.
Das sagt sich so leicht. Doch warum gelingt das keiner Österreicherin oder italienischen Rodlerin?
Mit Verlaub, darüber müssen wir uns keine Gedanken machen, warum es bei denen nicht so läuft. Vielleicht sollten deren Trainer einmal nüchtern die Startzeiten analysieren. Dann werden sie sehen: Schon dort bestehen große Defizite.
Die deutschen Frauen sind also kräftiger?
Durchaus.
Das ist ja alles schön und gut, aber ist es nicht sturzlangweilig, wenn immer nur eine Nation gewinnt?
Die Medien verlieren das Interesse. Das ist ganz klar eine vorhandene Begleiterscheinung der Dominanz. Für uns ist das mehr als bedauerlich, dass die deutschen Siege eine Selbstverständlichkeit sind.
Das ist nicht schön.
In jeder anderen Sportart würde man von Sensation schreiben, wenn Athleten beim Heim-Weltcup in Königssee die ersten vier Plätze belegen. Und die Rodlerinnen ...
... müssen froh sein, wenn sie im Statistikteil der Zeitung auftauchen.
Richtig. Das wird den herausragenden Leistungen dieser Sportlerinnen nicht gerecht. Nicht einmal im Ansatz.
Wie könnte man dem entgegensteuern? Vielleicht langsamer die Eisrinne herunterfahren?
Wir betreiben nicht den Aufwand, um dann langsamer zu fahren. Das kommt überhaupt nicht in Frage. Das wäre auch ein komplett überheblicher Gedanke. Das steht uns nicht an. Unser Hauptziel ist es, professionell zu arbeiten.
Aber was ist von Wettkämpfen zu halten, deren Ausgang berechenbar ist?
Was heißt berechenbar?
Es geht doch nur darum, welche deutsche Rodlerin, also Hüfner, Geisenberger, Kraushaar-Pielach oder Anke Wischnewski, gewinnt.
Das ist ja nicht berechenbar, auch wenn wir es versuchen. Wir wollen möglichst viele Deutsche vorne platzieren. Aber wir tragen das Know-how auch zu anderen Nationen. Kanada hat jetzt einen deutschen Trainer und die Schweizer und Polen dürfen seit längerem bei uns mittrainieren.
Das ist sehr großzügig.
Bei denen ist schon eine deutlich positive Entwicklung zu verzeichnen.
Die beste Schweizerin landete am Wochenende aber nur auf Platz zwölf.
Es bleibt für die viel zu tun, keine Frage.
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