Deutscher Austragungsort der Fußball-EM: Ein fast sinnenloses Münchner Kindl
Von der Fußball-EM ist in München nicht viel zu entdecken. Außer einer Skulptur ohne Mund und Nase, die immerhin zum Zeitgeist passt.
München hat ein neues Kindl. Es steht mitten in der Stadt auf dem Marienplatz, ist drei Meter hoch und hässlich wie die Nacht. So richtig schön ist das echte, das alte Münchner auch nicht. Aber an den Mönch im Münchner Stadtwappen mit seinem schwarz-gelben Gewand hat man sich über die Jahre gewöhnt. Und dass blonde junge Frauen, in ein ebensolches Gewand gekleidet, in Bierzelten riesige Brezn verkaufen, wird wissen, wer schon einmal auf dem Oktoberfest war.
Nun gibt es also ein neues Kindl. Es soll so etwas wie ein künstlerischer Beitrag der bayerischen Landeshauptstadt zu dieser Fußball-EM sein. Ein schraffiertes Kleidchen hat es an, das Kindl, hält in der einen Hand den EM-Pokal und in der anderen einen Fußball. Im kreisrunden Gesicht hat es nichts, keine Augen, keine Nase und keinen Mund, was in diesen Tagen ja ganz praktisch ist. Für solche Wesen gilt wahrscheinlich keine Maskenpflicht, auch nicht im Land der Vorsicht. Immerhin hat das Kerlchen zwei kleine Öhrchen, ist also nicht ganz sinnenlos.
„Spectacular“, so heißt es auf der Website der Stadt, nennt sich die Skulptur, die vieles ist, aber gewiss nicht spektakulär. „#simplymunich“ steht auf dem Sockel, auf dem das Kindl steht. Mit diesem urbayerischen Slogan wirbt die Stadt wohl für sich. Ja, mei. Fußballfans sollen sich wahrscheinlich davor fotografieren lassen und ihre Instagramstorys damit füttern, um Reklame zu machen für den deutschen EM-Spielort. Weil das Ding so aussieht, wie es aussieht, werden sich gewiss keine großen Fangruppierungen darum scharen, was im Sinne des Infektionsschutzes durchaus auch seine Vorteile hat.
Das ist überhaupt das Problem, das die Gastgeberstadt mit diesem Turnier hat. Man möchte zeigen, was man draufhat, die gastronomischen Einrichtungen in der Innenstadt herzeigen, die Leistungsstärke der Hotellerie bewerben, und möchte doch nicht, dass allzu viel los ist in der Stadt. Die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, hat ja neulich so schön gesagt, dass sich das Land mitten am Ende einer Pandemie befinde. Viel schöner hätte es auch ein Karl Valentin nicht ausdrücken können. Es ist EM in München und irgendwie auch nicht.
Viel EM ist nicht zu entdecken
Das Münchner Boulevardblatt tz schreibt von Fußballfieber, und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann warnt vor dem „Mobilisierungspotenzial“ des Spiels der Deutschen gegen Frankreich am Dienstag. Er fordert die Einhaltung der geltenden Hygieneregeln. „Sonst wird das Coronavirus zum EM-Gewinner.“ Das kann ja nun auch niemand wollen. Wer da mal Emotionen zeigen will, dem mag es so gehen wie einst Karl Valentin: „Mögen hätt ich schon wollen, aber dürfen habe ich mich nicht getraut“, ist einer der berühmtesten Sätze, die der Komiker hinterlassen hat.
Viel Europameisterschaft ist also nicht zu entdecken in München. Ein paar Plakate im Uefa-Styling hängen in der Stadt. „Munich“ steht drauf. O mei!
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