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Deutscher Afghanistan-EinsatzAlso doch im Krieg

Verteidigungsminister Guttenberg ändert die bisherige Sprachregelung seines Hauses zum Einsatz in Afghanistan: Die Bundeswehr führt nun doch Krieg.

Nimmt Abschied von "juristischen Feinsinnigkeiten". Bild: dpa

BERLIN taz | Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat die Zustände in Afghanistan erstmals als "kriegsähnlich" bezeichnet. Damit rückt der Minister von der bisherigen Sprachregelung ab. Sein Amtsvorgänger Franz Josef Jung (CDU) hatte stets von einem Einsatz gesprochen und das Wort Krieg vermieden. Laut der neuen Sprachregelung Guttenbergs handelt es sich in Afghanistan zwar völkerrechtlich nicht um Krieg, weil der nur "zwischen Staaten stattfinde". Doch für die Soldaten der Bundeswehr sei dies "ein Krieg der Taliban" gegen sie, sagte Guttenberg der Bild-Zeitung.

Der Bundeswehrverband unterstützt die neue Begrifflichkeit. Endlich, so Verbandschef Ulrich Kirsch, sei klar, dass sich die Soldaten dort im Krieg befinden. Rechtlich gesehen ist die Isaf in Afghanistan ein von der UN mandatierter sogenannter friedenserzwingender Einsatz.

Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold attestierte Guttenberg indes "semantische Unschärfe". Deutschland befinde sich "weder rechtlich noch sprachlich im Krieg". Der taz sagte er: "Es bringt nichts, die Wortwahl der USA zu übernehmen, die sich im Krieg gegen alles Mögliche befinden." Die Taliban seien keine Kriegsgegner der Bundeswehr, sondern Terroristen. Offenbar wolle der Minister Soldatenverbänden "nach dem Mund reden", die mit dem Begriff Krieg "eine Heroisierung verbinden".

Der grüne Afghanistan-Experte Tom Königs wertet die neue Sprachregelung differenzierter. "Es ist gut, dass Guttenberg die Realität benennt", sagte er der taz. Laut Clausewitz sei Zweck des Krieges, den Gegner zu vernichten oder zu schwächen. Genau dies sei Alltagspraxis in Afghanistan. Das Ziel der Isaf-Truppen sei es, möglichst viele Taliban zu töten. Dies sei auch der strategische Fehler. Vorrangig müsse für die Isaf der Schutz der Bevölkerung sein, nicht der body count der Feinde. Es dürfe der Isaf in Afghanistan "nicht um die Vernichtung des Gegners" gehen. "Dieser zentrale Aspekt fehlt bei Guttenberg", so Königs, der 2006 UN-Sonderbeauftragter in Afghanistan war. SR

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14 Kommentare

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  • P
    Potzblitzaffe

    1. Sehe ich es genauso, dass es für unsere Soldaten ein Krieg ist.

    2. Hat der Minister nicht eingestanden, dass es ein Krieg ist, sonder nur Verständnis geäußert. So will er sich auf die Seite seiner Jungs (und Mädels natürlich) stellen.

    3. Rechtlich ist es kein Krieg (Krieg = Staat gegen Staat). Moralisch gesehen ist es einer, denn unsere Soldaten müssen Anschläger hinnehmen, werden in Gefechte verwickelt und werden dabei töten müssen. Also, nur um unseren Soldaten mal ein wenig Unterstützung zukommen zu lassen, wäre es in Ordnung dies auch als Krieg zu bezeichnen. Schließlich halten die Jungs und Mädels da hinten den Kopf für uns hin (dafür einmal ordentlich Respekt und Danke!)

    Einige glauben, dass der Krieg am Hindukusch gar nicht verteidigt wird. Stimmt nicht. Wenn die Taliban siegen, siegt auch der Terror!!! Wenn Afghanistan fällt, fällt Pakistan als nächstes (sind ja schon dabei, die Taliban) ...und merke...Pakistan = Atommacht...Atombomben in Taliban/Terrorhände = Gute Nacht Westliche Welt...denkt mal nach...auch wenn allgemeinhin der Westen nicht unbedingt humaner ist wie deren Gegner (viele viele Zivile Opfer)

  • I
    iBot

    "Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold attestierte Guttenberg indes 'semantische Unschärfe'. Deutschland befinde sich 'weder rechtlich noch sprachlich im Krieg'. "

     

    Ob man sich praktisch im Krieg befindet, ist dabei ja auch wirklich völlig irrelevant. Ist Herrn Arnold das selber nicht peinlich, was er da von sich gibt?

  • W
    wert

    natürlich befinden wir uns im krieg.

    auch rechtlich etc. die sachlage ist im grunde ganz einfach.

     

    es ist ja schon eine frechheit zu sagen, es ist ein krieg der taliban gegen die deutschen soldaten.

    also es stimmt eben nicht. es ist ein krieg des westens gegen afganistan (die taliban stellten dort eine legitime regierung als wir einmarschierten). und ein krieg der afgahnen(taliban) gegen ihre angreifer.

    was sollen sie auch sonst tuhen?

     

    es kann offiziell kein krieg sein, weil deutschland laut eigener verfassung nicht an kriegerischen einsetzen beteiligt sein darf!

    der einsatz dort, genau wie jeder weitere dieser "friedenseinsätze" ist verfassungswiedrig!

     

    und was bitte soll ein "friedenserzwingender" einsatz anderst umschreiben als krieg?

  • BS
    Bendix Schönflies

    @Tee Jay

     

    Moment!, Guttenberg hat keinesfalls eingestanden, dass dieser Krieg ein Krieg sei. Er hat lediglich Verständnis dafür geäußert, dass Menschen, die kein Gefühl für juristische Spitzfindigkeiten hätten, sich nicht genügend differenziert darüber äußern könnten. Er gestand die Dummheit anderer ein, nicht die eigene Grausamkeit.

     

    Lieben Gruß,

    Bendix

  • M
    Majo

    Wer würde ihm widersprechen wollen ? dem Herrn von und zu. Aber welche Konsequenzen ? Aufrüsten ? Aufstocken ? Abziehen. Dann mal ein paar überfällige Entscheidungen treffen, wir sind gespannt. Unternehmen Sie endlich was.

  • B
    Boris

    Bin Laden hat den USA den Krieg erklärt, ist schon ein paar Jahre her.

    Aus versicherungsrechtlichen Gründen wird das in Deutschland (Europa)nicht als Krieg bezeichnet.Ist einfach ne Geldfrage.

    Somit zahlt die Versicherung und nicht der Bund.

    So ist das nunmal wenn wir unsere Freiheit am Hindukusch wieder einfangen müssen.

  • TJ
    Tee Jay

    Endlich nennt jemand einen Krieg beim Namen. Die Situation wird dadurch nicht besser, aber wenigstens lügt man sich nicht mehr mit orwellschem Neusprech die Wahrheit zurecht.

  • P
    Potzblitzaffe

    1. Sehe ich es genauso, dass es für unsere Soldaten ein Krieg ist.

    2. Hat der Minister nicht eingestanden, dass es ein Krieg ist, sonder nur Verständnis geäußert. So will er sich auf die Seite seiner Jungs (und Mädels natürlich) stellen.

    3. Rechtlich ist es kein Krieg (Krieg = Staat gegen Staat). Moralisch gesehen ist es einer, denn unsere Soldaten müssen Anschläger hinnehmen, werden in Gefechte verwickelt und werden dabei töten müssen. Also, nur um unseren Soldaten mal ein wenig Unterstützung zukommen zu lassen, wäre es in Ordnung dies auch als Krieg zu bezeichnen. Schließlich halten die Jungs und Mädels da hinten den Kopf für uns hin (dafür einmal ordentlich Respekt und Danke!)

    Einige glauben, dass der Krieg am Hindukusch gar nicht verteidigt wird. Stimmt nicht. Wenn die Taliban siegen, siegt auch der Terror!!! Wenn Afghanistan fällt, fällt Pakistan als nächstes (sind ja schon dabei, die Taliban) ...und merke...Pakistan = Atommacht...Atombomben in Taliban/Terrorhände = Gute Nacht Westliche Welt...denkt mal nach...auch wenn allgemeinhin der Westen nicht unbedingt humaner ist wie deren Gegner (viele viele Zivile Opfer)

  • I
    iBot

    "Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold attestierte Guttenberg indes 'semantische Unschärfe'. Deutschland befinde sich 'weder rechtlich noch sprachlich im Krieg'. "

     

    Ob man sich praktisch im Krieg befindet, ist dabei ja auch wirklich völlig irrelevant. Ist Herrn Arnold das selber nicht peinlich, was er da von sich gibt?

  • W
    wert

    natürlich befinden wir uns im krieg.

    auch rechtlich etc. die sachlage ist im grunde ganz einfach.

     

    es ist ja schon eine frechheit zu sagen, es ist ein krieg der taliban gegen die deutschen soldaten.

    also es stimmt eben nicht. es ist ein krieg des westens gegen afganistan (die taliban stellten dort eine legitime regierung als wir einmarschierten). und ein krieg der afgahnen(taliban) gegen ihre angreifer.

    was sollen sie auch sonst tuhen?

     

    es kann offiziell kein krieg sein, weil deutschland laut eigener verfassung nicht an kriegerischen einsetzen beteiligt sein darf!

    der einsatz dort, genau wie jeder weitere dieser "friedenseinsätze" ist verfassungswiedrig!

     

    und was bitte soll ein "friedenserzwingender" einsatz anderst umschreiben als krieg?

  • BS
    Bendix Schönflies

    @Tee Jay

     

    Moment!, Guttenberg hat keinesfalls eingestanden, dass dieser Krieg ein Krieg sei. Er hat lediglich Verständnis dafür geäußert, dass Menschen, die kein Gefühl für juristische Spitzfindigkeiten hätten, sich nicht genügend differenziert darüber äußern könnten. Er gestand die Dummheit anderer ein, nicht die eigene Grausamkeit.

     

    Lieben Gruß,

    Bendix

  • M
    Majo

    Wer würde ihm widersprechen wollen ? dem Herrn von und zu. Aber welche Konsequenzen ? Aufrüsten ? Aufstocken ? Abziehen. Dann mal ein paar überfällige Entscheidungen treffen, wir sind gespannt. Unternehmen Sie endlich was.

  • B
    Boris

    Bin Laden hat den USA den Krieg erklärt, ist schon ein paar Jahre her.

    Aus versicherungsrechtlichen Gründen wird das in Deutschland (Europa)nicht als Krieg bezeichnet.Ist einfach ne Geldfrage.

    Somit zahlt die Versicherung und nicht der Bund.

    So ist das nunmal wenn wir unsere Freiheit am Hindukusch wieder einfangen müssen.

  • TJ
    Tee Jay

    Endlich nennt jemand einen Krieg beim Namen. Die Situation wird dadurch nicht besser, aber wenigstens lügt man sich nicht mehr mit orwellschem Neusprech die Wahrheit zurecht.