Deutsche Team bei Basketball-EM: Selbstlob muss sein
Das deutsche Nationalteam wirkt bei der Europameisterschaft sehr gefestigt. Rassismus gegen Dennis Schröder überschattet indes den Sieg gegen Litauen.

Die deutschen Basketballer haben nach dem etwas holprigen Start gegen Montenegro und dem lockeren Sieg gegen Schweden den ersten Brocken aus dem Weg gerollt. Gegen Litauen und seine Basketball-narrischen Fans gewann der Weltmeister am Samstag souverän 107:88 und qualifizierte sich vorzeitig fürs Achtelfinale.
Am Abend nach dem dritten Sieg in Serie ging es außerhalb von Tampere zum Mannschaftsabend in die Sauna auf einem mondänen Anwesen mit Seezugang. Alle Spieler waren dabei, auch Daniel Theis. Am Sonntagmittag beim Pressegespräch sagt der 2,04-Meter-Mann dann: „Ich hab das Gefühl, dass ich vom Zug überfahren wurde.“ Der Zug heißt Jonas Valanciunas, misst 2,11 Meter und wiegt knapp 120 Kilogramm. Theis gelang es, den litauischen Center vom Korb fernzuhalten. Der war entnervt und wurde früh nach drei Fouls auf die Ersatzbank geschickt. Theis dagegen gelang eine nahezu fehlerfreie Partie. Im Angriff versenkte er alle seine neun Würfe, darunter drei 3-Punkte-Versuche. „Das macht natürlich Spaß. Aber ich weiß nicht, ob das noch so oft vorkommen wird“, sagt er mit einem Lächeln.
Mit 33 Jahren ist Theis der Älteste im Team und seine vielen Blessuren in den vergangenen Jahren deuten darauf hin, dass es sein letztes Turnier ist. Dann würde er nicht mehr mit seinem Kumpel Dennis Schröder zusammenspielen. Die beiden kennen sich aus der Jugend und der Bundesligamannschaft in Braunschweig. Der deutsche Kapitän Schröder war während der Partie von einem litauischen Fan mit Affenlauten rassistisch verhöhnt worden. Schröder sagte nach der Partie in der Interviewzone: „Man kann alles machen, aber Affengeräusche? Das ist eine Sache, die nicht geht. Man kann mich beleidigen, aber Rassismus gehört nicht zu diesem Sport.“
Hallenverbot für Fan
Der Fan wurde laut Fiba identifiziert, aus der Halle gebracht und vom Turnier ausgeschlossen. Der litauische Verband entschuldigte sich umgehend bei Schröder. Und vielen Litauern, die damit nichts zu tun hatten, war die Sache so unangenehm, dass sie sich in der Halle sofort entschuldigten. Auch Daniel Theis bekam eine Entschuldigung vom litauischen Athletiktrainer seines Klubs AS Monaco geschickt. Am Tag danach sagt Theis: „Rassismus gehört nirgendwo dazu und zum Sport erst recht nicht.“
Die deutsche Nationalmannschaft wirkt gefestigt wie selten zuvor, auch ein Zwischenfall wie gegen Litauen scheint dem Team nicht viel auszumachen. Schröder jedenfalls spielte nach der Beleidigung fast noch besser als zuvor und war erfolgreichster Werfer der Partie mit 26 Zählern.
Theis findet sogar: „Wir sind noch stärker als das Team, das vor zwei Jahren Weltmeister wurde. Natürlich sind wir als amtierender Weltmeister hierher gekommen, um Europameister zu werden.“ Flügelspieler Isaac Bonga zog nach dem Sieg gegen Litauen und drei von fünf Partien ein kleines Fazit: „Selbst wenn wir so spielen wie gegen Litauen, sehen wir das nicht als perfekt an. Es gibt noch viele Dinge, in denen wir besser werden müssen. Auf der anderen Seite muss man sich auch mal einen Klaps auf die Schulter geben.“ Was will Bonga verbessern? „Kommunikation, also wie wir in der Verteidigung miteinander reden. Und Tempo. Wir können noch schneller spielen.“
Inzwischen hat sich auch der Bundestrainer so weit erholt, dass er aus der Klinik entlassen wurde und im Hotel ist. DBB-Pressesprecher Christoph Büker sagt: „Alex Mumbru wird dort eng medizinisch betreut. Wie der Zeitplan ist für seine Rückkehr ans Spielfeld, ist offen.“ So lange leitet Co-Trainer Alan Ibrahimagic das Team an.
Der nächste Gegner am Montag ist Großbritannien und das genaue Gegenteil zu Deutschland: drei Partien, drei Pleiten, keine davon war eng. Die Herausforderung wird sein, dieses Match seriös anzugehen und nicht schon ans abschließende Spiel gegen den Gastgeber zu denken, denn auch Finnland steht bislang ohne Niederlage da. Daniel Theis warnt: „Wenn wir jetzt den Fehler machen, runterzufahren gegen Großbritannien, dann ist es schwierig, wieder hochzufahren im nächsten Spiel gegen Finnland, wo es vielleicht um den Gruppensieg geht.“ Theis weiß ja, wie schwer es ist, einen rollenden Zug aufzuhalten.
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