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Deutsche RüstungsexporteOpposition schießt Regierung an

Beim strittigen Panzergeschäft mit Saudi-Arabien fordert die SPD ein neues Parlamentsgremium für mehr Transparenz. Und Ströbele will sich die Informationen per Klage holen.

Will die Fakten "auf dem Tisch" sehen: Hans-Christian Ströbele (Grüne). Bild: dpa

BERLIN taz | Die Opposition will die Regierung zu Konsequenzen aus dem mutmaßlichen Panzergeschäft mit Saudi-Arabien zwingen. Der SPD-Außenpolitiker Hans-Ulrich Klose forderte am Montag, das Parlament bei Sicherheitsfragen und Rüstungsgeschäften in Zukunft besser zu informieren: "Man sollte ein parlamentarisches Gremium schaffen, das von der Regierung über solche Vorgänge unterrichtet wird."

Das Gremium könne aus den Obleuten und Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses bestehen, sagte Klose. "Das würde die Spannung aus der Debatte nehmen."

Mit dem Vorschlag reagiert Klose auf einen Streit, der seit eineinhalb Wochen tobt: Der Bundessicherheitsrat - und damit Kanzlerin Angela Merkel und die wichtigsten Minister des Kabinetts - sollen nach Medienberichten gebilligt haben, 200 "Leopard"-Panzer an das Regime Saudi-Arabiens zu liefern - Räumschilder für Einsätze auf Demonstrationen inklusive.

Die Regierung schweigt zu der mutmaßlichen Entscheidung und beruft sich auf die Geheimhaltung, der Beschlüsse des Sicherheitsrats unterliegen.

"Das Parlament hat Recht auf Informationen"

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele droht jetzt mit dem Gang vor das Bundesverfassungsgericht. Sollte die Regierung weiter die Auskunft verweigern, werde er Klage einreichen, kündigte Ströbele am Montag an. "Das Parlament hat ein Recht darauf, Informationen von der Regierung zu bekommen. Es geht darum, dass endlich die Fakten auf den Tisch kommen." Die Geschäftsordnung des Sicherheitsrats könne jederzeit von der Regierung geändert werden, sagte Ströbele weiter. "Dass die Regierung so dichtmacht, zeigt: Sie hat Angst vor der Auseinandersetzung."

Der Beschluss fiel in einem Gremium, das ständig heikle Fragen behandelt. Der Sicherheitsrat ist ein Kabinettsausschuss der Regierung, er genehmigt Rüstungsexporte und koordiniert die Sicherheitspolitik. So beriet er etwa die Strategie Deutschlands nach den Terroranschlägen im September 2001 in den USA.

Der Sicherheitsrat wurde bereits 1955 unter der Regierung Konrad Adenauers (CDU) gegründet. Über seine in unregelmäßigen Abständen anberaumten Treffen informiert die Regierung nicht, auch alle Ergebnisse der Beratungen sind geheim - über Rüstungsexporte gibt es allerdings einen jährlichen Bericht.

Der Rat hat neun Mitglieder, es sind die Kabinettsmitglieder, deren Ressorts bei Sicherheitsfragen tangiert sind: Neben Kanzlerin Angela Merkel und Kanzleramtschef Ronald Pofalla sitzen darin zum Beispiel auch Philipp Rösler (Wirtschaft), Thomas de Maizière (Verteidigung) oder Guido Westerwelle (Auswärtiges).

Die Regierung schwieg am Montag weiter zu der Causa. Regierungssprecher Steffen Seibert verwies erneut auf die Geheimhaltung, zu der die Regierung bei Sicherheitsratsbeschlüssen verpflichtet sei. Jedem Abgeordneten stehe frei, seine rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, sagte Seibert mit Blick auf Ströbeles Klage.

Koalitionsparteien uneins über Panzer-Deal

Der Grüne rechnet sich gute Erfolgschancen aus - und verweist auf ähnliche Fälle. Im Sommer 2009 zogen Ströbele und andere Grünen-Abgeordneten nach Karlsruhe, weil die Regierung auf Kleine Anfragen nicht geantwortet hatte. Das Gericht gab ihrer Beschwerde recht. Die pauschale Begründung, Informationen seien geheim, entspräche nicht den verfassungsgemäßen Anforderungen, urteilten damals die Richter.

Auch innerhalb der Koalition gibt es gemischte Gefühle. In der jetzigen Umbruchsituation in der arabischen Welt sei die deutsche Außenpolitik sehr stark an der Achtung der Menschenrechte interessiert, sagte der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter. "Bisher hat die Regierung die Waffenexportrichtlinien bei Staaten, die Menschenrechte erkennbar nicht wahren und Terrorismus nicht eindämmen, sehr restriktiv gehandhabt. Ich will dazu ermutigen, an diesem Kurs festzuhalten."

Dies ist eine versteckte Kritik, zumal der Abgeordnete das Entscheiden von Fall zu Fall, das der Sicherheitsrat derzeit praktiziert, als Notbehelf empfindet. Kiesewetter regte die Entwicklung einer "föderalen Sicherheitsstrategie" an. Eine solche würde im Parlament diskutiert und dann von der Regierung umgesetzt. Über Entscheidungen müsse die Regierung bei einer solchen Strategie auch die Medien zeitnah informieren, sagte Kiesewetter. Einen etwas anders aufgestellten Sicherheitsrat gäbe es weiterhin.

Auch SPD-Mann Klose will grundsätzlich an dem Gremium festhalten. "Es muss einen Kernbereich exekutiver Zuständigkeiten geben." Merkels Krisenmanagement kritisierte er: "Die Kanzlerin wäre klug beraten gewesen, rechtzeitig mit den Fraktionschefs Steinmeier und Trittin ein Wort zu wechseln."

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8 Kommentare

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  • J
    jhw

    @Klaus: Was hat das denn mit der Sachlage zu tun? Das wenige Richtige, was Stroebele tut (und es IST wenig!), sollte man begruessen. Was Deine Vorfahren gemacht haben, sollte anderen auch egal sein, seine Familie sucht man sich naemlich nicht aus.

  • B
    Bobo

    Als ehemalige Sprecherin für Agitation und Propaganda in der FDJ-Gruppe ihrer Hochschule und dem Tochtersein eines Pastors hin- und hergerissen laviert sich Angie mal wieder wie immer raus mit:

    Sie müssen jetzt Verständnis haben das ich dazu einfach mal nichts sage.

     

    Das ist , zusammengefasst, auch das Credo ihrer Politik.

    Da die Waffenexporteure nach den Einsparungen bei der Bundeswehr jetzt ihr die Türen einrennen, wundert das doch bestimmt keinen.

  • K
    klaus

    Will Stöbele seine eigene Familiengeschichte ausarbeiten. Schämt er sich für seinen Onkel den Ritterkreuzträger der Panzertruppe?

  • MN
    mein Name

    Ein Hoch auf das deutsche Vier-Parteien-System!

  • O
    oxyd

    Bei der namentlichen Abstimmung im Bundestag zu diesem Waffengeschäft haben sich keine Gegenstimmen bei CDU/CSU/FDP gefunden. Was soll dann die Schwafelei über "gemischte Gefühle"? PDF zur Abstimmung gibt es dankenswerterweise bei bundestag.de > http://oov.me/nh

  • H
    hann0s

    Höchstinteressant, das die Opposition auch in der Taz ausschließlich aus 2 Parteien besteht. Und das sind auch noch Parteien, die Jahrelang selbst Leos in alle Welt inkl. Türkei verkauft haben, nicht einmal unter diesen Umständen bemüht man sich, die Linke auch nur zu erwähnen. Journalistisches Armutzszeugnis.

  • DS
    der Schlumpf

    Für mehr Sicherheit durch weniger Waffen...

     

    www.campact.de

     

    Abstimmen!!!

  • PG
    peter G.

    In der von den Parteien geführten politischen Debatte und auch in den Medien spielt die wichtigste Begründung für die Lieferung der Panzer so gut wie keine Rolle. Es geht allen, den USA, der EU und auch Isarael nicht eigentlich um den Iran, sondern vor allem darum, dass das jetzige Regime in Saudi-Arabien bleibt, um die Ölproduktion und -lieferungen zu gewährleisten. Eine Demokratisierung des Landes könnte eine andere Politik bedeuten. Michael Klare schreibt in seinem Aufsatz "Auf Reserve. Die globale Energiekrise": „Die sehr junge saudische Bevölkerung stellt ihre Führung, die sie mit Versprechen von Jobs und mehr Geld ködert, zugleich aber jeder Opposition gewaltsam unterdrückt, nicht so direkt in Frage wie die Jugendlichen in Tunesien, Ägypten und Syrien. doch das bdeutet nicht, dass der status quo ewig halten wird. "Saudi-Arabien ist eine Zeitbombe" befindet Jaafar al-Taie von der Consultingfirma MEC..., die in der Golfregion tätige ausländische Ölunternehmen berät“( Aufsatz in Le Monde diplomatique/Beilage der taz Juli 2011). Es ist zu vermuten, dass die meisten Politiker dies auch wissen, aber sich selber und die Bevölkerung vor einer solchen Debatte lieber verschonen. Demokratie anderswo auf der Welt ja, aber nur solange unser Wohlstand nicht durch eine Energiekrise auf dem Spiel steht.