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Deutsche Regierung in IndienHeil sucht internationale Handwerkskunst

Der Arbeitsminister wirbt in Indien für Migration nach Deutschland. Dort ist die Motivation groß, doch Berlin stellt hohe bürokratische Hürden.

Das Werbe-Lächeln klappt schon mal: Hubertus Heil (links) und Robert Habeck am Berliner Flughafen Foto: Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Delhi taz | Etwas außerhalb des Zentrums der lärmenden indischen Hauptstadt Delhi wird deutsches Bäckerhandwerk gelehrt. Im Untergeschoss einer kleinen Seitenstraße knetet Jaydeep Gupta Brezelteig und drapiert ihn auf einem Blech. Sind das die Nachwuchskräfte für das deutsche Handwerk? Wenn es nach Bäcker Michael Schmid geht, ja. Doch noch fehlt Gupta der Deutschunterricht. Er hofft jedoch, dass er in zwei Jahren nach Deutschland kommen kann. Spaß an der Arbeit hat der junge Mann aber auch so. „That is a Laugenstange“, erklärt der 20-Jährige. Ein paar Worte Deutsch kann er schon.

Gemeinsam mit Gupta backte hier am Donnerstag Bundesarbeitsminister Hubertus Heil. Er ist anlässlich der bilateralen Regierungskonsultationen nach Indien gekommen. Sein Ziel: die Anwerbung von Fachkräften. Das bevölkerungsreichste Land der Welt sei ein „idealer Partner“, so der SPD-Politiker. „In Indien kommen pro Monat eine Million Menschen zusätzlich auf den Arbeitsmarkt“, das Potenzial wolle man nutzen. Derzeit zahlen bereits 137.000 In­de­r:in­nen Sozialbeiträge in Deutschland. Innerhalb von vier Jahren hat sich die Zahl indischer Staatsbürger in Deutschland auf 250.000 vervierfacht, davon sind 50.000 Studierende.

Doch es gibt weiterhin Hürden, dessen ist man sich in Berlin bewusst: „Wir können nur versuchen, die Dinge einfacher zu machen“, sagt Heil und meint damit, den bürokratischen Aufwand zu verringern. Dafür gibt es ein neues Konzeptpapier, die kürzlich vom Kabinett beschlossene Fachkräftestrategie Indien, die Heil vor Ort vorstellt. Sie soll als Grundlage dienen, die Migration zu beschleunigen, damit Engpässe auf dem Arbeitsmarkt nicht zur Wachstumsbremse werden. Die Rekrutierung selbst sei aber Sache der Arbeitgeber. Allerdings ist es ihm ein Anliegen, „qualifizierte und faire Migration“ sicherzustellen. Das versucht Michael Schmid mit seinem Pilotprojekt „Learn for Life“. Er hat kürzlich zwei junge In­de­r:in­nen zur Bäckerlehre nach Karlsruhe vermittelt. Darunter ist Nuzra Khan. Sie spricht per Videocall mit Heil und Schmid, die sich in Delhi befinden. Sie ist etwas schüchtern, aber glücklich über den Neuanfang in Deutschland. In Indien hätte sie nicht so viele Chancen gehabt, hört man. In Deutschland hat sie vom Betrieb eine Wohnung gestellt bekommen und einen Arbeitsvertrag. Deutsch hat sie zuvor an der Universität in Delhi studiert und später Bäcker Schmid kennengelernt.

Einiges hat sich bereits verbessert

„Wir haben viele Anfragen für unsere Ausbildung“, sagt Schmid, gerade von Menschen aus einfachen Verhältnissen, darunter auch Studierende. Und sie müssten bei der Migration unterstützt werden. „Keiner unserer Kandidaten hätte das Geld, mehrere tausend Euro für eine Lehrstelle zu bezahlen“, so der Sozialunternehmer, der seit über 20 Jahren in Indien lebt. Teil seines Projektes sind zwei Bäckereien in Delhi und Varanasi, sowie ein Restaurant und eine Schule. Die Berufsschule soll auch in Varanasi entstehen, die Lehrbetriebe werden die Bäckereien in Delhi und Varanasi sein.

Im kommenden Jahr möchte Schmid 40 junge Menschen wie Khan in eine Ausbildung vermitteln. Zuvor werden sie von seinem Team ausgewählt und müssen ein Praktikum absolvieren.

Dass Deutschland Zuwanderung braucht, ist kein Geheimnis. Die Bundesregierung geht davon aus, dass in den nächsten Jahren bis zu sieben Millionen zusätzliche Arbeitskräfte nötig sind, worauf er vereist. „Der Verdienst und die Perspektive auf die deutsche Staatsbürgerschaft sind große Anreize“, sagt der 53-jährige Schmid. Doch lange stand die Bürokratie im Weg. „Ich wollte indische Bäcker nach Deutschland einladen“, sagt er. 2016 sei es unmöglich gewesen, ein Visum zu bekommen. Bei Khan dauerte es gerade einmal sechs Wochen.

Denn seitdem hat sich einiges verändert. Deutschland verabschiedete ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz. 2022 folgte das deutsch-indische Migrations- und Mobilitätsabkommen (MMPA). Das Abkommen enthalte aber nur Absichtserklärungen, keine neuen Verpflichtungen, stellt David Kipp von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in einer neuen Studie dar. Jährlich sollen mindestens 3.000 junge indische Arbeitskräfte nach Deutschland kommen, wurde als Ziel formuliert. Dabei hat Indien eine lange Migrationstradition und bereits viel Erfahrung mit Arbeitsmigration gesammelt.

„Mit Vereinfachungen und Anwerbung allein ist es von deutscher Seite nicht getan“, sagt die indischstämmige Trainerin für interkulturelle Kompetenz Anjana Singh, die die neue Strategie begrüßt. „Es muss aber mehr über die Integration in Deutschland nachgedacht werden, um Menschen langfristig im Land zu halten und Parallelgesellschaften zu vermeiden“, betont sie. Es sind Herausforderungen, die auf beiden Seiten bleiben.

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