Deutsche Banken fördern Atomwaffen: Lukrative, aber tödliche Allianz
Deutsche Geldinstitute unterstützen die internationale Atomwaffen-industrie. Die Allianz gilt als stärkster Förderer. Dort redet man sich mit einer fehlende Gesetzesgrundlage raus.
BERLIN taz | Deutsche Finanzinstitute sind maßgeblich an der Finanzierung der internationalen Atomwaffenherstellung beteiligt. Da ergab die am vergangenen Wochenende veröffentlichte Studie „Don’t Bank the Bomb“ der Internationalen Kampagne für die Abschaffung von Atomwaffen (Ican).
Über 300 Banken, Versicherungsgesellschaften und Vermögensverwalter aus 30 Ländern seien nach Angaben der Ican in Geschäftsbeziehungen zu internationalen Atomwaffenkonzernen verstrickt.
Unter anderem die französische BNP Paribas, Crédit Suisse und die Bank of China gewähren Kredite und investieren in Anleihen und Aktien an Unternehmen auf diesem Sektor. Auch elf deutsche Finanzinstitute finanzieren die Modernisierung und den Erhalt von Nuklearwaffen.
„Die Allianz ist das deutsche Unternehmen mit den größten Beteiligungen an Herstellern von Atomwaffen und ihren Komponenten“, erklärte Xanthe Hall, Abrüstungsreferentin der Internationalen Ärzte für Verhütung des Atomkrieges (IPPNW). So besitzt die Allianz Aktien im Wert von 104,77 Millionen US-Dollar (4,45 Prozent) an Alliant Techsystem, einem US-Unternehmen, das an der Herstellung atomarer Raketen beteiligt ist.
Nicht die Aufgabe der Wirtschaft zu intervenieren
Ebenso verfügt der Versicherer über Anleihen in Höhe von 1,26 Prozent (64,96 Millionen US-Dollar) an BAE Systems. Das britische Rüstungsunternehmen ist an der Entwicklung eines neuen Typs von atomar bewaffneten U-Booten für Großbritannien beteiligt. Die Deutsche Bank besitzt laut der Studie Anleihen und Aktienanteile an 13 Atomwaffenproduzenten und stellt ihnen Darlehen zur Verfügung. Commerzbank, BayernLB und DekaBank sind ähnlich eng mit den Herstellern nuklearer Waffensysteme vernetzt.
Allianz-Global-Investors-Sprecher Stefan Lutz berief sich auf das Fehlen von Rechtsnormen. Solange vonseiten der Politik keine klare Gesetzgebung erfolge, sei es nicht Aufgabe der Wirtschaft, gegen Firmen zu intervenieren, die an der Herstellung von Atomwaffen beteiligt sind.
„Allianz Global Investors Europa berücksichtigt die Nachhaltigkeitskriterien bei seinen Investments“, sagte Lutz. Dies habe dazu geführt, „dass die Produzenten von Streubomben und Landminen im vergangenen Jahr aus den Portfolios der Allianz entfernt wurden“. Hierzu gebe es jedoch eine klare demokratische Willensbildung in Europa, erklärte er.
Verbot von Streumunition
Lutz spielt damit auf die am 1. August 2010 in Kraft getretene Konvention über Streumunition an. Den internationalen Vertrag, der Herstellung, Weitergabe und Einsatz von Streumunition verbietet, hatten weltweit 100 Staaten unterzeichnet. Wirtschaft und Politik sind sich aber uneins, ob dieses Verbot Investionen in die Herstellerfirmen einschließt. Der Bundestag wird am 22. März über ein Gesetz entscheiden, das dies präzisieren soll.
Unter dem Druck der Umweltorganisation „urgewald“ und der internationalen Initiative Facing Finance zogen sich Finanzinstitute wie Deutsche Bank und Allianz aus dem Streubombengeschäft zurück. „Bei den im Bericht der Ican genannten Firmen ist hingegen eher von einer demokratischen Legitimation auszugehen“, kommentierte der Allianz-Sprecher die Studie.
Für Xanthe Hall von der IPPNW sollte aber die öffentliche Meinung Entscheidungsträger sein. Umfragen würden ergeben, dass der Wille der deutschen Bevölkerung in diesem Punkt bereits eindeutig ist, sagte Hall. „Man muss nur so sehr vom Profit geblendet sein, um das nicht sehen zu wollen.“ Die Vertreter von Commerz- und Deutscher Bank beriefen sich auf das Bankgeheimnis und waren nicht bereit, sich zu den Ergebnissen der Studie zu äußern.
„Die Allianz argumentiert hier nach dem Motto: Ich töte Nachbars Katze, solange es kein Gesetz dagegen gibt. Das ist armselig“, kritisierte Jan von Aken, Rüstungsexperte der Linken. Die Wirtschaft sei verpflichtet, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nachzukommen.
Das zuständige Referat im Bundeswirtschaftsministerium wollte trotz mehrfacher Anfrage zu diesem Thema nicht Stellung nehmen.
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