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Deutsch-türkisch RegierungskonsultationViele Flüchtlinge, wenig Geld

Am Freitag wollen türkische und deutsche Regierung gemeinsam tagen. Die Erwartungen beider Seiten an die jeweils andere sind vor dem Treffen groß.

Grinsen und grinsen lassen: Angela Merkel und Ahmet Davutoglu. Foto: dpa

Köln/Hannover epd | Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) erwartet von der Türkei eine entschlossene Bekämpfung der illegalen Migration. „Wir haben ein gemeinsames Interesse darin, dass nicht so viele Flüchtlinge in die Türkei kommen und dass die Türkei sie nicht einfach durchlässt“, sagte der Minister am Donnerstagabend im „RTL Nachtjournal“. Der türkische Botschafter in Deutschland, Hüseyin Avni Karslioglu, warnte unterdessen vor überzogenen Erwartungen an sein Land bei der Begrenzung des Flüchtlingszuzugs.

Am Freitagmittag wollten die Bundesregierung und das türkische Kabinett in Berlin zu den ersten deutsch-türkischen Regierungskonsultationen zusammenkommen. De Maizière sagte mit Blick auf die Flüchtlingsbewegungen über die Türkei, es gehe darum, „gemeinsame Interessen zu definieren, damit das aufhört“. Deutschland und die Türkei seien „Partner im Kampf gegen die illegale Migration“ und „Partner im Kampf gegen den Terrorismus“.

Zugleich verteidigte der Minister den Kurs der Bundesregierung gegenüber Forderungen von Amnesty International, die Zusammenarbeit mit dem Land wegen völkerrechtswidriger Abschiebungen dort aufzukündigen. „Die Türkei hat Probleme, das wissen alle. Aber wir sind da nicht der Richter über dieses Land, sondern wir haben viele gemeinsame Interessen auch im Kampf gegen den Terrorismus“, sagte de Maizière. „Und wenn die Türkei etwas tut, was im türkischen und im europäischen Interesse ist und wir der Türkei dabei helfen, dann ist das ein fairer Interessenausgleich und sollte nicht getadelt werden.“

Der türkische Botschafter in Deutschland, Hüseyin Avni Karslioglu, erklärte, sein Land tue sein Bestes und bekämpfe Schleuserbanden. Es sei jedoch eine Illusion zu glauben, „dass sich jede Bucht entlang der Mittelmeerküste kontrollieren ließe“, sagte der Diplomat dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“, dem neben den „Kieler Nachrichten“ mehr als 30 Tageszeitungen angehören (Freitagausgaben).

Mangelnde Unterstützung aus Europa

Die die vor wenigen Wochen eingeführte Visumpflicht für Syrer, die aus Drittstaaten in die Türkei einreisen, zeigt nach Angaben des Botschafters bereits Wirkung. Die Zahl der Syrer, die per Fähre und Flugzeug in die Türkei kommen, sei auf 1.000 pro Woche gesunken.

Der Diplomat beklagte zugleich mangelnde Unterstützung Europas bei der Versorgung der mehr als 2,4 Millionen in die Türkei geflüchteten Syrer. „Seit Jahren bittet die Türkei um Hilfe, aber wir werden im Stich gelassen“, sagte Karslioglu. Von den im vergangenen Herbst von der EU versprochenen drei Milliarden Euro sei bisher „kein Cent“ nach Ankara geflossen. „Das ist scheinheilig“, sagte Karslioglu.

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2 Kommentare

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  • Die Türkei "produziert" doch im Osten mit ihrem Kampf gegen die Kurden selbst eine Unmenge von Flüchtlingen...... mit unserem Geld und unseren Waffen....

  • 7G
    70023 (Profil gelöscht)

    Er hat natürlich recht. Europa hat 4 Jahre lang zugeschaut. Europa hat die Kriege in Naheosten verursacht, angezettelt und trotzdem so getan als hätten sie mit allen nichts zu tun. Wo die Flüchtlinge jetzt an der Haustür stehen, merken sie auf einmal sie haben doch damit zu tun. Reiche Europa und so eine Flüchtlingspolitik. Ich würde eher sagen Rassismus pur. Westlicher Werte sieht eben so aus. Es ist beschämend.