Deutsch-britisches Krimi-Experiment: Soko Leipzig in London
Das ZDF und der britische Privatsender ITV haben kooperiert und zwei Folgen aus einmal gedrehten Bildern gemacht. Die deutsche Version ist am Freitag im Fernsehen zu sehen.
Normalerweise muss man über die ZDF-Serie "Soko Leipzig" keine großen Worte verlieren. Sie dümpelt ganz passabel im Mittelfeld des deutschen TV-Krimis. Am Freitagabend lässt sich nun aber zumindest die Hälfte eines Experiments betrachten, das dass ZDF und der britische Privatsender ITV angezettelt haben: "Soko Leipzig" ist auch eine Folge der populären britischen Ermittler-Reihe "The Bill". Ein Kidnapping führt von Leipzig nach London und dann wieder zurück nach Sachsen, Soko-Chef Hajo Trautzschke (Andreas Schmidt-Schaller) ermittelt gemeinsam mit Detective Chief Inspector Jack Meadows (Simon Rouse).
Die Story ist dabei eher mal deutsch: In London ist eine deutsche Musikstudentin verschwunden, und da es in hiesigen Krimiserien ja fast nirgendwo mehr ohne persönliche Beziehung der Ermittler zum Fall geht, ist die junge Dame natürlich Trautzschkes Patenkind. Also ermittelt der fröhlich in London, wo er DCI Meadows erstmal kräftig auf den Sack geht, dann kommen noch ein paar fiese Ex-Stasi-Agenten dazu und am Ende wird natürlich alles wieder gut und die Briten haben sogar ein bischen von Leipzig gesehen.
Interessant wird das ganze aber erst, wenn man die ZDF-Version mit der ITV-Folge vergleicht: Die britische Version ist wesentlich rasanter geschnitten und verzichtet auf den leicht debilen Touch deutscher Durchschnittsdrehbücher, alles, was passiert, auch nochmal auszusprechen: In "The Bill" werden Tatort-Fotos einfach am Computerbildschirm vergrössert, während im ZDF der Onkel Kommissar noch ein "Ich vergrößere das jetzt mal" einschiebt, falls der Zuschauer gerade Augenpflege betreibt.
Das es sich bei der Entführten um Trautschkes Patentochter handelt, wird in "The Bill" de facto ausgeblendet und nur in einer Szene mit dem Satz quittiert, eigentlich dürfte so jemand gar nicht die Ermittlungen leiten, er sei zu dicht dran, "too close to the case". Recht haben die Briten. Allerdings sprechen Andreas Schmidt-Schaller als Trautzschke und Melanie Marschke als Ina Zimmermann ganz passables Schulenglisch - was in der ZDF-Version ganz lustig wirkt, weil sich die beiden hier selbst auf deutsch synchronisert haben, die Mundbewegungen aber eben englisch sind.
Hübsch ist auch der Unterschied, was in Britannien und hierzulande jeweils als cooler Cop gilt: In London ist der verdeckte Ermittler Terry (Bruce Byron) ein Schrank mit rasiertem Schädel, der vom Typ her in Deutschland maximal als Türsteher gecastet würde. Sein deutsches Gegenüber Jan (Marco Girnth) spielt eher im unteren Drittel der Til-Schweiger-Liga.
Zwischendrin gibt es noch ein bisschen nettes Gefrozzel über die Humorlosigkeit der Deutschen und verzweifelte Blicke der Briten, weil der Himmel über Leipzig anders als der Londoner nicht voller Überwachungskameras hängt. Und die Verabschiedungsszene in Leipzig bringt nochmal auf den Punkt, warum britische Krimis einfach besser sind: Während sich Trautzschke abmüht, dem Ganzen einen emotionalen Touch zu geben, bemerkt DCI Meadows nur ganz trocken: "I don't know how we handle the paperwork on this case".
Aber davon sieht der deutsche Zuschauer ja leider nix, denn in der ZDF-Version fällt der Satz Trautzschkes lyrischem Schwall zum Opfer. Aber demnächst kommt ja der runderneuerte ZDF-Dokukanal unter dem Namen Neo. Und da soll's dann britische und amerikanische Serienkost satt geben.
"Soko Leipzig", Fr., 4.9.2009, 21.15 Uhr, ZDF
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