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Desertifikation"Wüsten zerstören Lebensräume"

Die Wüstenbildung bedroht Milliarden Menschen. Eine UN-Konferenz in Madrid befasst sich mit der Desertifikation. GTZ-Expertin Anneke Trux will Bauern vor Ort helfen

Biologosche Barrieren sollen die voranschreitende Desertifikation aufhalten. Bild: dpa

taz: Frau Trux, auf der Weltkonferenz in Rio wurden drei Zukunftsbereiche identifiziert: Klimawandel, Artenvielfalt - und Desertifikation. Im Gegensatz zu den ersten beiden hat die menschengemachte Wüstenbildung aber ein PR-Problem. Wie kommt das?

Anneke Trux: Wir fühlen uns von Klimathemen berührt, spätestens, wenn es einen extrem heißen Sommer gibt. Auch Probleme der Biodiversität berühren uns. Es gibt ein Symbol für beides: den Eisbären Knut. Die schleichenden Killer unseres Lebensraums wie Dürre und Desertifikation werden schlechter wahrgenommen. Dabei werden sie uns unmittelbar betreffen.

Wie weit ist die Desertifikation denn schon fortgeschritten?

Mehr als 40 Prozent der Landflächen sind heute schon Trockengebiete, zwei Milliarden Menschen, ein Drittel der Erdbevölkerung, leben dort. Und 20 Prozent der Trockengebiete sind bereits nicht mehr nutzbar. In Tadschikistan ist der fruchtbare Boden schon zu 90 Prozent erodiert.

Desertifikation ist nicht nur ein Problem der armen Länder, es gibt sie auch in Europa. Was geschieht dort?

Die Spanier sagen, 16 Prozent ihrer Landesfläche seien betroffen, und das sei ein großes Problem. Mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr sollen in den nächsten vier Jahren in die Verbesserung der bewässerten Landwirtschaft fließen, die für die Versalzung und Austrocknung der Grundwasservorräte verantwortlich ist. Auch in Italien ist das ein wichtiges Thema. In beiden Ländern gibt es Programme, die Mobilität in der Weidewirtschaft zu fördern, um Überweidung zu verhindern.

Auf der Konferenz ist viel von Land- und Ressourcenmanagement die Rede. Was heißt das?

Es geht um eine nachhaltige Nutzung von Boden, Bäumen, Weiden und Wasser. In Zentralasien betreiben wir Pilotprojekte, um Erosion zu verhindern. In Tadschikistan wollen wir die Häuser mit lokalen Baumaterialien isolieren, damit weniger Holz als Brennmaterial gebraucht wird. Wir planen gemeinsam mit der Bevölkerung; die Maßnahmen müssen ihnen ökologischen und ökonomischen Nutzen bringen. In Marokko gibt es Dorfentwicklungspläne, mit denen den Dorfbewohnern geholfen werden soll, ihre Probleme selbst zu lösen. Wichtig ist, dass die Entscheidungen nicht in der Hauptstadt getroffen werden, sondern von den Menschen vor Ort.

Biobrennstoffe sind umstritten. Ist der Anbau entsprechender Pflanzen schädlich oder hilfreich?

Wir wissen bloß: Hier besteht Handlungsbedarf. Es gibt positive Beispiele wie die kombinierte Produktion von Rizinus und Bohnen in Brasilien. Die Bauern verdienen durch Verträge mit Firmen, die aus dem Rizinus Biodiesel herstellen. Sie können so ihre Ernährung durch den Bohnenanbau sichern und erhalten gleichzeitig den Boden. Aber an anderer Stelle verdrängen die anbauenden Konzerne Kleinbauern, Monokulturen belasten die Umwelt. Wir dürfen das Thema nicht denen überlassen, die kein Interesse an einer nachhaltigen Landnutzung haben.

Ein wichtiges Argument gegen den Anbau von Energiepflanzen ist, dass sie die Flächen für den Nahrungsmittelanbau verkleinern.

Dass die Weltgemeinschaft es zulässt, dass das Recht auf Nahrung so weit untergraben wird, dass es nur noch Biodiesel und keinen Weizen mehr gibt, will ich nicht hoffen. Klar ist: Die Konkurrenz um Landflächen verschärft sich, die Desertifikation würde sie weiter verstärken.

INTERVIEW: HANS-GÜNTER KELLNER

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