Der "völlige Neuanfang" der CDU: Alles muss raus
Eine "völlige Erneuerung" der CDU fordert Rita Mohr-Lüllmann - ohne die Männer, denen sie unterlegen ist. Ihr Rivale Thomas Röwekamp sucht nur eine "breite Mehrheit".
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Zu einem „völligen Neuanfang in der Bremer CDU“ gebe es „keine zukunftsfähige Alternative“. So hat der frühere Bürgermeister Hartmut Perschau gerade die Lage seiner Partei beschrieben. Vor einem Jahr noch galt Perschau als ausgleichender Mann, der die beiden zerstrittenen Flügel versöhnen könnte – dann hatte er sich auf die Seite von Rita Mohr-Lüllmann geschlagen. Sein jetziger Rücktritt vom Amt des stellvertretenden Parteivorsitzenden ist also konsequent.
Nur: Welche Personen könnten denn einen „völligen Neuanfang“ repräsentieren? Auch Rita Mohr-Lüllmann hat am Sonntag in ihrer Rücktrittserklärung die Wendung vom „völligen Neuanfang“ benutzt. Nicht nur Michael Teiser, der Bremerhavener CDU-Vorsitzende, der gerne in den Bundestag wollte, solle verzichten. Auch für Thomas Röwekamp sei es „an der Zeit“, sein Amt als Fraktionsvorsitzender der Bremer CDU zur Verfügung zu stellen, so Mohr-Lüllmann – damit Partei und Fraktion „endlich zur Ruhe kommen“. Der wiederum sieht selbst aktuell „keinen Grund“ für einen Rücktritt, will aber die Neuwahlen für den Fraktionsvorstand vom Mai auf den November vorziehen. Er stehe zur Wiederwahl zur Verfügung, sagte er Radio Bremen.
Die Partei muss nun gleich drei Spitzenpositionen wieder besetzen – kaum vorstellbar, woher neue Talente kommen sollen. Für den Parteivorsitz ist der frühere Wirtschaftssenator Jörg Kastendiek im Gespräch. Ein personeller „Neuanfang“ wäre das allerdings nicht, denn Kastendiek ist ein langjähriger Vertrauter von Thomas Röwekamp. Der Bauingenieur Kastendiek arbeitet derzeit als Prokurist bei der Zech Bau Holding – er hat sich in den letzten Monaten aus dem CDU-internen Streit herausgehalten. Kastendiek war selbst mal Fraktionsvorsitzender, bevor er 2005 Peter Gloystein als Wirtschaftssenator ablöste.
Für die Kandidatur zum Bundestag hatte Röwekamp selbst schon einmal die frühere Kulturstaatsrätin Elisabeth Motschmann ins Spiel gebracht, außerdem den Parlamentarier Carl Kau – beide standen in früheren Wahlen auf aussichtslosen hinteren Plätzen. Motschmann hatte die Kandidatur-Ansage von Mohr-Lüllmann für den Bundestag ausdrücklich begrüßt. Kau hat sich auf die Seite der Mohr-Lüllmann-Gegner geschlagen, nachdem er als Schatzmeister der CDU in der BILD für angebliche Fehlinvestitionen im CDU-Haus verantwortlich gemacht worden war. BILD musste am Samstag eine Gegendarstellung drucken – offenbar war die „Insider“-Indiskretion falsch.
Mohr-Lüllmann hatte bei den letzten Bundestagswahlen als Direktkandidatin beachtliche 28,7 Prozent der Erststimmen geholt, bei den Bürgerschaftswahlen kam die CDU unter ihrem Landesvorsitzenden Röwekamp dagegen nur auf 20,4 Prozent. Das reichte gerade mal für Platz drei hinter den Grünen.
Mohr-Lüllmann erinnert in ihrer Rücktrittserklärung daran, dass Röwekamp in der Mitgliederbefragung „unterlegen“ war – und sprach von einem „Klima von Missgunst und aggressiver, unversöhnlicher Ablehnung“. Röwekamp wiederum nahm ihren Rücktritt „mit großem Respekt“ zur Kenntnis – was auch immer das bedeuten soll. 19 Mitglieder des CDU-Landesvorstands hatten eine Sondersitzung beantragt, um einen „Antrag auf Rücktritt der Landesvorsitzenden“ sollte es gehen.
Für die Neubesetzung des Landesvorsitzes, der Spitzenkandidatur für den Bundestag sowie der Fraktionsspitze wünscht sich Röwekamp Kandidatenvorschläge, hinter denen sich „die breite Mehrheit der Partei versammeln“ könne. Das wäre er selbst möglicherweise nicht. „In der gebotenen Ruhe“ sollten die Personalien diskutiert werden, gleichzeitig soll sich die CDU „nicht länger mit Personalfragen quälen“ – lauter fromme Wünsche, schlecht verpackt in leeren Politiker-Floskeln.
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