: Der taz-Sommerroman: "Dumm gelaufen" - Teil 3
Ich komme, rette mich, wenn du kannst! Dann entern von Blond. Besetzen. Lieben. Mit dem Schaumschlag ihrer Münder. Kleine Schweinereien mit Seife. Sie hatten es auf den Wellen reiten genannt. Brook hängte ihr Bild in seinem Kopf auf. Brook gab es sich und dem Bild. Brook kam; kam mit ihrem Bild aus. Mit echten Geräuschen. Freilaufenden Gedanken. Und glücklichen Gefühlen. Und dann war alles vorbei. Blond kehrte zu den Toten auf den Ohlsdorfer Friedhof zurück. Brook hatte Blond nie vergessen. Soviel war ihm von der Ehe geblieben, seitdem seine Frau unter der Erde lag. Blond war vor vier Wochen in diese schöne, neue Wohnung auf dem Ohlsdorfer Friedhof eingezogen; mit einem eigenen Grundstück, und rundum führte ein gepflegter Weg aus Kieselsteinen. Brook hatte noch letzten Sonntag mit Blond die Ruhestätte mit Champagner begossen; die Stiefmütterchen auf dem Beet auch. Die Stiefmütterchen tranken mit. Das Grab trank auch. So mußte auch Blond mittrinken. Mit Brook, ihrem Mann. Die Stiefmütterchen rülpsten und streckten sich restlos betrunken auf dem Beet aus. Dann weichte sich Brook weiter unter den Lebenden ein. Sperma unter. Und Vergangenheit, endgültig a.D. gesetzt. Wie ein Künstler, dachte Brook. Wie ein Künstler in der Wanne sterben. So sterben Künstler. Mit einer unheilbaren Krankheit im Bad. Auch Mörder sind Künstler. Und Kommissare wie Brook. Er war auch stets auf der Suche nach unbekannten Motiven, nach neuen Formen und verschiedenen Farben. Und mit Intuition, Kreativität und Erfahrung ließ Brook jeden Fall zu einem wunderschönen Bild werden. Dazu noch eine Portion Analyse; so seelten Kritiker und Künstler zu gleichen Teilen in Brooks Brust. Brook war schon immer ein bißchen nach Nachwelt und Unsterblichkeit. Vielleicht würde man irgendwann ein Bockwürstchen nach ihm benennen: Das Brookländer Würstchen mit dem Knacks. Mozart hatte schließlich auch sein Marzipan bekommen, Voltaire seinen Brie und Detektiv Magnum sein Vanilleeis in drei Variationen. Um ein Markenprodukt zu werden, dachte Kommissar Brook, stehen die Chancen in Frankreich am besten! Am Beckenrand maulte das Telefon. Halt's Maul! befahl Brook dem Gerät. Aber das Telefon kam seiner Bitte nicht nach. Es hatte Brook Meldung zu machen. Brook stieß das Telefon in die Wanne. Er blieb privat. Im Bad. Noch ein letzter Schrei, und das Telefon starb. Brook starb nicht. Er hätte es wissen müssen. Aber ein Toaster stand ihm im Bad nicht zur Verfügung. Also lebte Brook weiter. Vielleicht bis zum nächsten Toaster! Und vielleicht gab es schon Montag wieder einen frischen Fall für Brook, ein frisches Stück Fleisch einer bis dato noch nicht identifizierten Leiche. Und der Leichenberg auf dem Revier mit den ungeklärten Fällen ließ Brook kalt. Diese inflationären Opfer und Toten hatte die Polizei anderen Freunden und Helfern, und nicht ihm, Kommissar Brook, zu verdanken. Vielleicht war es auch ein europäisches Problem.
Brooks Devise lautete: Sieben kriegen auf einen Streich!
Vor seinem Fenster rottete sich die Nacht zusammen. Und der Morgen wartete auf den Montag. Und das Handtuch wartete ungeduldig auf Brook. Und Brook hatte genug Sonntag gehabt.
Drei Ziegen, sieben Schafe und eine Tochter
Ein kurzes Klischee über die Studenten Schmock und Veddel, die nichts mit dem Krimi zu tun haben wollen, und warum ein Billstedt auf dem Ohlsdorfer Friedhof überhaupt nichts wert ist
Mit Hunderten von Wohnungssuchenden hatten Schmock und Veddel nachts vor dem Verlagsgebäude geschlafen. Hunderte von ihnen waren Ärzte, Juristen, Journalisten, auch Millionäre oder zumindestschöne Frauen. Hunderte wollten alle nur das eine; die letzte Wohnung in Hamburg.
(Fortsetzung folgt)
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