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Der sonntaz-StreitDie Angst vor der Kakophonie

Telefonieren im Flugzeug ist technisch kein Problem, sagen Mobilfunk-Unternehmer. Aber die Flugbegleiter fürchten um ihre Nerven.

Beengt – und bald auch beschallt? Bild: dpa

„Wenn alle im Flugzeug am Handy quatschen, wäre das ein Grund, nicht mehr zu fliegen“, sagt Jo Leinen, der für die SPD seit 1999 im Europaparlament sitzt, im sonntaz-Streit. Züge und erst recht Flugzeuge seien Orte, die man als Passagier nicht einfach verlassen kann, wenn es einem zu laut wird. Außerdem denke er, dass es gute Alternativen zum Dauertelefonat gibt: „Die Lektüre eines Buches oder einfach nichts tun hat noch niemandem geschadet.“

Dass diese Thema überhaupt wieder auf der Tagesordnung steht, dafür hat die US-Regulierungsbehörde FCC (Federal Communications Commission) gesorgt. Ihr Chef Tom Wheeler hält das Handyverbot für nicht mehr zeitgemäß. Mit dieser Aussage hat er es dieser Tage auch in europäische Medien geschafft. Doch in Europa ist die Sache zumindest rechtlich längst geklärt. Bereits im Jahr 2008 schuf die Europäische Union einen gesetzlichen Rahmen für das Telefonieren an Bord. Hiesige Fluggesellschaften hoben das Handyverbot an im Flugzeug trotzdem nicht auf. Das Argument: Die KundInnen möchten das nicht. SMS und E-Mails seien völlig ausreichend. Dieses Diktum gilt bis heute.

FlugbegleiterInnen begrüßen diese Entscheidung: „Auch wenn es sich für den Einzelnen erst einmal verlockend anhört. Aber was bei einem eine nette Sache ist, führt bei bis zu 550 Menschen zu einer unglaublichen Kakofonie“, sagt Nicoley Baublies, Vorsitzender der Unabhängigen Flugbegleiter Organisation, kurz UFO.

Die Flugbegleiterin Susanne D´Aloia malt sich das Konfliktszenario aus: „Die einen telefonieren, die anderen fühlen sich gestört.“ Sie befürchtet, dass sie einen Großteil ihrer Arbeitszeit damit beschäftigt wäre, Unstimmigkeiten zwischen PassagierInnen zu klären.

taz am wochenende

Wofür brauchen wir überhaupt noch Verlage? Die Titelgeschichte „Es wird ein Buch“ über die Zukunft der Literatur lesen Sie in der taz.am wochenende vom 7./8. Dezember 2013 . Darin außerdem: Wie man spontan einen Tisch voll Freunde bewirtet – auch wenn man den Besuch vergessen hatte. Und der sonntaz-Streit: Soll man im Flugzeug telefonieren dürfen? Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Es gibt jedoch auch Stimmen, die sich für den Handygebrauch über den Wolken aussprechen. Zu diesen gehört Angela Wilhelm, Autorin des Buches „Flugangst besiegen“. Manchen PassagierInnen helfe es vielleicht, mit jemandem telefonieren zu können, der vertraut ist und beruhigend wirkt.

Und technisch stelle es überhaupt kein Problem dar, berichtet Stefan Koetz, Geschäftsführer der Mobilfunk-Firma Ericsson. Und für den Fall der Fälle gibt es auch noch einen Ein-/Aus-Knopf, mit dem man das Handynetz an Bord abschalten kann, sagt Ian Dawkins. Seine Firma OnAir beliefert willige Flugunternehmen mit der entsprechenden Technik.

Die Streitfrage beantworteten außerdem Hugo Teso, Pilot und Sicherheitsexperte, der Pilot Alon Pereg, der für die Fluggesellschaft El Al fliegt und andere Airlines in Sicherheitsfragen berät und taz-Leser Volker Beck – in der taz.am wochenende vom 7./8. Dezember.

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1 Kommentar

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  • RW
    Rainer Winters

    Bitte nicht! Keine Gespräche an Bord von Flugzeugen.

     

    Das nervt die Menschen schon in Bus und Bahn. Nur dort fährt man nur Kurzstrecken.

     

    Ganz abgesehen von der Strahlung, der man bei den engen Sitzabständen im Flieger nicht ausweichen kann.