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Der sagt nichts, der will nur austeilen

Der einstige Radsportler Jan Ullrich gebärdet sich wie ein kläffender Kampfhund: Er erklärt sein Karriereende und attackiert seine Kritiker.

Das ist also aus Jan Ullrich geworden. Ein kläffender Kampfhund, der sich verbissen hat in seinen Feinde. Gestern hat sich der erste und einzige deutsche Tour-de-France-Sieger auf einer Pressekonferenz in Hamburg gestellt. Er hatte angekündigt, Stellung zu beziehen zu all dem, was über ihn berichtet wurde in den letzten acht Monaten, seit er wegen des Verdachts, gedopt zu haben, von der Teilnahme an der Frankreichrundfahrt ausgeschlossen wurde. Erklärt hat er nichts. "Nur ich habe gewusst, wie ich mich in Form gebracht habe", sagte er, als er den Moment schilderte, in dem er von seiner Suspendierung erfuhr. Ja, wie denn nun? Er hat es nicht gesagt.

Jan Ullrich hat ausgeholt zu seinem vielleicht letzten Angriff auf seine Feinde und Kritiker. Bald werden ihm nicht mehr so viele Menschen zuhören. Seine Karriere als Radrennfahrer ist zu Ende. Er wird Berater eines drittklassigen österreichischen Radrennstalls, stellt seine Erfahrungen als Profisportler einer Unterwäschefirma zur Verfügung und wird für ein Unternehmen werben, das mit einem Reifendichtungsgel gegen schmutzige Finger beim Plattenflicken kämpft. Ganz am Ende der Pressekonferenz stellte er diese Zukunftspläne vor. Eingeleitet mit den Worten: "Nun zum Erfreulichen!"

Das "Erfreuliche" trug er mit derselben Stimme, in derselben Haltung vor wie seine Angriffe zuvor. Jan Ullrich bellte die versammelte Presseschar an. "Jetzt meckere ich schon wieder", sagte er einmal zu seinem Pressesprecher Michael Lang, der neben ihm auf dem Podium im Hamburger Hotel Intercontinental saß. Der lächelte angestrengt zurück und musste mitansehen, was sein Klient aus der schönen Vorlage machte, mit der er auf das Podium gestiegen war. Es war alles gerichtet für einen großen Herz-Schmerz-Auftritt. Nein, was er heute vortragen wird, das habe ihm kein PR-Mensch diktiert. "Gott weiß, das sind meine Gedanken", sagte er und nickte nach links unten zu seiner Frau Sara. Die war ebenso im Saal wie seine Mutter und sein Entdecker und jahrelanger Trainer Peter Becker. "Meine Mutter hat das alles sehr mitgenommen", sagte Ullrich, berichtete von Tränen, die er mit seiner Frau gemeinsam geweint habe. "Oder Schatzi?", schickte er der Schilderung hinterher und richtete eine Liebeserklärung an seine Sara: "Wenn ich dich nicht schon geheiratet hätte, ich würde es wieder tun, echt hey." Feuchte Augen bekam niemand im Saal bei den unbeholfen vorgetragenen Sätzen. Pitbull Ullrichs Auftritt geriet so gar nicht schmalzig.

"Ich habe niemanden geschädigt, ich habe niemanden betrogen", sagte der 33-Jährige, "darauf bin ich stolz." Mit keinem Wort ging er auf die Vorwürfe ein, die ihm ein Verfahren wegen Betrugs, das bei der Staatsanwaltschaft Bonn anhängig ist, eingebracht haben, das dazu geführt hat, dass er keine Rennen mehr fährt. Kein einziges Mal fiel das Wort Doping. Eine DNA-Probe gebe man nicht ab wie ein Glas Wasser. Das sei alles nicht so einfach. Jetzt kooperiere er aber mit der Staatsanwaltschaft, die aufgrund einer Anzeige einer profilierungssüchtigen Frau tätig geworden sei. Die Ermittlungen in Spanien? "Da ist so viel Scheiße gelaufen." Und das sportrechtliche Verfahren, das die Schweiz gegen ihn anstrengen will? "Da ist doch seit acht Monaten nichts passiert." Dennoch - wie ein "Schwerverbrecher" komme er sich manchmal vor. "Aber wir leben noch, Schatz, ja!" Wieder ging sein Blick nach links unten. Ullrich versuchte zu lachen: "He, he."

Er drosch ein auf Rudolf Scharping, den Präsidenten des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), seinen Lieblingsfeind an diesem Vormittag in Hamburg: "Dem muss ich jetzt noch einen mitgeben, he, he." In den großen Tagen des Radsportlers Jan Ullrich sei der damalige Verteidigungsminister mit eigenem Fotografen auf ihn zugekommen und habe sich beim Schulterklopfen ablichten lassen. Es sei einfach ungerecht, zu behaupten, er, Ullrich, habe den Radsport mehr geschadet als genutzt. "Wo war denn der Radsport vor zehn Jahren?", das würde Ullrich Scharping gerne fragen. Aber er hat ihn zwei Jahre nicht gesehen, "nicht einmal im Fernsehen, hey". Ullrich hat versucht, witzig zu sein. Gelacht hat niemand.

"Gegen mich läuft kein Verfahren, ich würde ohne Probleme eine Lizenz bekommen", führte der Exradler aus. Sieben Rennställe hätten ihn angestellt, "darunter auch Pro-Tour-Teams", so Ullrich. Doch jetzt wolle er die Karriere nach der Karriere starten. "Ganz oder gar nicht", das sei nun mal sein Lebensmotto. Es gehe ihm gut dabei. Er lobte noch das Engagement des österreichischen Teams Volksbank für den Nachwuchs. Um den will er sich vor allem kümmern. Vielleicht erklärt er den jungen Sportlern ja, wie er sich vorbereitet hat auf die Tour 2006?

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