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Menschenhandel, Sexsklaverei und Kinderpornographie sind verboten, gegen die Täter kann vorgegangen werden, sie sind keineswegs geschützt. Bitte hören Sie auf, solche Lügen zu verbreiten, nur um Sexarbeiter*innen in den Dreck zu ziehen!
Gleiches gilt, finde ich für die Reform der RefoProstitution unter rotgrün, finde ich. Bei Jauch:
Unterlassene Hilfe
Wer hat damals die Gesetze zur Prostitution geändert und ihre Wirkung nicht überprüft? Wer war seitdem zuständig und hat zugesehen? Wer im politischen Esteblischment die Berichte in den letzten Jahren zu diesen Themen ignoriert, in wessen Interesse? Schade, schade, das man diese Mittäter an Menschenhandel, Sexsklaverei und Begünstigung von Kinderpornografie nicht verklagen kann, weil sie gegen Strafverfolgung per Gesetz geschützt sind.
Nö, die griechische Antike dachte nicht statisch: panta rhei
- und die Christen dachten nicht futurozentrisch, sondern warteten in der Endzeit ganz akut auf das ewig-gleiche jenseitige Reich.
Und das Judentum?
"14) Ich merkte, dass alles, was Gott tut, das besteht für ewig; man kann nichts dazutun noch wegtun. Das alles tut Gott, dass man sich vor ihm fürchten soll.
15) Was geschieht, das ist schon längst gewesen, und was sein wird, ist auch schon längst gewesen; und Gott holt wieder hervor, was vergangen ist."
Prediger Salomo 3,14-15
... Das ist statisch
Richtig. Auch ich finde diese Vertauschung im Artikel merkwürdig.
Und genau diese Einstellung, dass sich jede Äußerung morgen als frevelhaft und ketzerisch entpuppen könnte, die Herrn Misik heute, wenn auch noch(!) mit einem Augenzwinkern, eine Abkehr vom Schrifttum empfehlen lässt (Potenziell Brisantes bitte nur noch hinter vorgehaltener Hand!), führte damals zum Niedergang des Schrifttums an der Pforte zum "Finsteren Mittelalter". Ein Niedergang, den der islamische Kulturkreis ja bis heute nicht überwunden hat.
So, wie wir heute unsere Debatten führen -- emotional aufgeladen, moralisch empört und unter ständiger Androhung sozialer SANKTIONEN -- klopfen wir wieder ganz heftig an jene Pforte ins Finstere Zeitalter und fordern lautstark Einlass! Denn mit dem Licht und den grellen Farben des Regenbogens, den ganzen Details, die speziell durch unsere vernetzte Medienwelt auf uns einstürmen, fühlen wir uns zur Zeit völlig überfordert.
Der Übergang in die von zunehmendem Fortschrittsgedanken gekennzeichnete NEUZEIT ging hingegen mit der WIEDERENTDECKUNG DER ANTIKE, also der Renaissance und Säkularisierung, einher.
Robert Misik -
gekonnt variiert er den schönen Satz:
Heute ist nicht morgen, aber morgen ist heute gestern!
Eine gute Boje bei der Anverwandlung von Welt;
vulgo:leben.
Danke.
ps @ff... einfach mal den Schaum vom Mund wischen;
manchmal hilft schon das.
Da geht im Herzen gleich die Sonne auf, wenn man bei „Regenwetter“ eine so schön reflektierte Schilderung der Empfindungen beim Erleben des Mondfahrt-Jubiläums lesen darf. Das veranlasst mich, aus der Jetztzeit an die Hoffnungen der Vergangenheit mich zu erinnern. Als jemand, der 1969 als fast erwachsener Mensch die im Jubiläum gefeierten Ereignisse im Original miterlebt hat, möchte ich zum Zitat greifen: „Das Auge sieht (sah) den Himmel offen.“ Schiller beschreibt im Lied von der Glocke trefflich die Zukunftshoffnung und den Blick durch eine rosa Brille.
Die Zeitungsente mit den blonden Roma-Mädchen sollte genauer analysiert werden, wie Medien Rassismus gegen Roma schüren.
Das Strafrecht sollte auf Aussagen von Politikern angewandt werden, die auf dem xenophoben Zug aufgesprungen sind.
Ansonsten sollte man der Förderation Europäischer Minderheiten einen Sitz im Rundfunk- und Medienrat einräumen.
Am Ende des Tages sollte man aus der Geschichte des Missbrauchs der Vorgänger-Organisation - Europäischen Nationalitäten Kongreßes - durch die NSDAP lernen und eine Wiederholung der Volksgruppen Politik verhindern.
Zu diesem Zweck sollte die EU mit den Minderheiten sich zusammen setzen und die Nationalstaaten sollten auf individuelle Alleingänge wie Integrationskonferenz und Islamkonferenz verzichten.
In 30 Jahren sind die Deppen und Trottel von heute die Deppen und Trottel von gestern. Mehr interessiert uns in 30 Jahren nicht.
@ Wampenpaule: Falsch, die Akzeptanz der Pädophilie wurde bis weit hinein in liberale Kreise diskutiert. Eine Nicht-Akzeptanz der Pädophilie war in konservativen Kreisen zudem nur aus einer religiös-moralischen Haltung (Inzest!) begründet, nicht aus dem Menschenrecht der Kinder selbst.
In anderen Worten, Sex mit Kindern war zwar geächtet, die Gesellschaft machte Übergriffe auf Kinder aber leicht, weil diese keinerlei Selbstbestimmungsrechte besassen und Gewalt gegen Kinder alltäglich war.
Ja, es stimmt, die Hysterisierung nervt mich ungeheuer. Man könnte denken, es gäbe nichts mehr zwischen idiotischer Pädophilie-Vereidigung und Hexenjagd, zwischen "Alles-ist-gut"-Ignoranz und Antiziganismus, zwischen "Bunt-ist-so-toll-wir-müssen-nur-genug-Angebote machen" und "Keine-neuen-Moscheen". Die Beispiele ließen sich fortsetzen. Alles ziemlich erbärmlich. Derzeit besonders im Kommen: Die "Prostitution-ist-immer-Zwang-und-darum-zu verbieten"-Hysterie.
Ja, ich hoffe, in 30 Jahren wird man den Kopf schütteln ob unserer Unfähigkeit zu klaren, sachlichen Analysen.
(2)
Heute wähnt sich der moderne Mensch überlegen, verteufelt (zu Recht) die unmenschliche Gewalt und Frauenunterdrückung, die er ursächlich in einer bestimmten Religion begreifen will. Währenddessen genießt er in seinem Wohnzimmer ultrarealistische Gewalt, in Full-HD und 7.1-Surround, bei der er möglichst Blut und Gehirnmasse schmecken möchte. Er schmunzelt über die Blödheit, sich mit 70 paradiesischen Jungfrauen verführen zu lassen, während er sich einer unbegrenzten Anzahl von Pornodarstellerinnen hingibt, denen der männliche Part gefälligst ins Gesicht zu ejakulieren hat, weil es den zivilisierten Zuseher ohne die obligatorische Abschlussdemütigung der Frau nicht befriedigt.
Natürlich gibt es einen Unterschied zwischen dem realen und dem virtuellen Ausleben. Dennoch hat der moderne Mensch ganz offenbar mindestens dieselben Bedürfnisse wie der als kulturell rückständig begriffene. Lediglich einen moderneren Weg hat er gefunden, sie auszuleben. Vielleicht sind seine Bedürfnisse, seine Gier nach bestialischer Gewalt und herabsetzenden Sex, umso größer, weil sie durch die ständige Verfügbarkeit nicht nur gestillt, sondern genährt werden. Wehe, wenn beim zivilisierten Menschen die sorgsam gepflegte Wildnis an die Oberfläche durchbricht.
Ganz zu Schweigen von den gesichts- und namenlosen Sklaven in fernen Ländern, derer er sich bedient, ohne einen Gedanken an sie zu verschwenden, damit sie zum Preis ihrer Leben seine Konsumgier möglichst billig stillen. Nur herkommen sollen sie nicht. Ausländer raus, brüllt er dann und schämt sich immer weniger, weil ihn ein sorgsam konstruierter Vorwand scheinbar recht gibt, sie aufgrund ihrer rückständigen Kultur zu dämonisieren. Ganz real fürchtet dieser Mensch, sie würden ihm seinen Wohlstand rauben und seine Zivilisation zerstören.
@Regenwetter Es ist wirklich unerträglich mit welch einer selbstgerechten und selbstzufriedenen Bräsigkeit hier Äpfel mit Birnen verglichen werden.
@ROB Sind's nicht Triebe, die den zivilisierten Menschen zu virtuellem Morden und Sex treiben? Erzählen Sie jetzt bitte nichts von Hand-Augen-Koordinationstraining.
(3)
Vielleicht begreifen wir in 30 Jahren unsere pubertäre Heuchelei. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht ist alles nur noch verlogener und Zeitgeist nur noch Zeitinstinkt.
"Vielleicht begreifen wir in 30 Jahren unsere pubertäre Heuchelei."
- mal ehrlich, diese Heuchelei ist doch schon heute sehr leicht zu begreifen!?
"mal ehrlich, diese Heuchelei ist doch schon heute sehr leicht zu begreifen!?"
Offensichtlich nicht. Sonst wäre die Welt ja nicht die, die sie ist.
(1)
Zeitgeistströmungen sind interessant.
Als 2009, zum 40-jährigen Jubiläum der Mondlandung, die mehrstündige Live-Sendung nachts im Dritten vollständig wiederholt wurde, wunderte ich mich am meisten über die Menschen jener Zeit. Wann kommt man schon mal dazu, diese über mehrere Stunden und nicht nur in Ausschnitten zu beobachten? Da waren erwachsene Menschen, eigentlich nur alte Männer, Moderatoren und Wissenschaftler, die alle so etwas unbegreiflich Kindliches hatten. Nicht nur, weil sie mit Puppen und nachgebauten Modellen nachstellten, wie es im Cockpit zuging oder dann, wenn die Astronauten den Mond betreten würden. Es war etwas an ihrem Wesen. War es die Aufregung? War es die Euphorie, dass die Menschheit in Kürze erstmalig einen fremden Himmelskörper betreten würde, die 60jährige derart bubenhaft erscheinen ließ?
Ich befürchte fast, es war kein einmaliges Phänomen, sondern der Zeitgeist damals. Vielmehr das Zeitgemüt. Als hätte sich gerade in Deutschland die große Mehrheit der Menschen nach dem Krieg ins verlorene Paradies des Kindes, die Unschuld durch Unwissen, geflüchtet. Es erklärt die popkulturellen Erscheinungen jener Zeit und hierzulande, die so unfassbar infantil sind, dass man sie heute nur noch für einen Witz halten kann. Ob es ein Zufall war, dass die "sexuelle Revolution" also in eine Zeit fiel, in der das kollektive Kind kollektiv in die Pubertät kam? - und kollektiven Verirrungen verfiel.
"Ob es ein Zufall war, ..."
Ich glaube nicht an Zufälle, schon garnicht in illusionärer Einmaligkeit, somit auch nicht an "Wirtschaftswunder", "soziale Errungenschaften", usw.!
Die zeitgeistlich-kreislaufende Bewußtseinsschwäche in Angst, Gewalt und "individualbewußtsein", wird stimuliert durch hierarchisch-gepflegte Bewußtseinsbetäubung, im geistigen Stillstand, seit der "Vertreibung aus dem Paradies" (geistiger Evolutionssprung) - der Schlüssel, zur Überwindung der "göttlichen Sicherung" vor den Möglichkeiten des Freien Willens / des Schicksals als MENSCH den wir nur als Gesamtheit darstellen, ist unsere Vernunftbegabung, die nicht reformistische / umstürzerische Revolutionen bedarf, sondern den Verstand von wirklich-wahrhaftiger Kommunikation, OHNE Begehrlich- und Abhängigkeiten!?
Der Zeitgeist, den Sie als infantil bezeichnen, war von fast unglaublichem Vertrauen in techn. Fortschritt und demokratischen Staat geprägt. Ihnen fehlten die Erfahrungen des Versagens beider "Übermächte".
Dieser Zeitgeist hätte die Ängste, die jetzt solche Betrachtungen wie Ihre generieren, berechtigt abgelehnt. Deren "Naivität" war aber auch Grundlage stärkerer zwischenmenschlicher Beziehungen, und folglich ist der gegenwärtige Zeitgeist einer des Misstrauens, der Vereinsamung, der Skepsis und der Täuschung. Ich hoffe, in 30 Jahren wird man diese unsere Starre genauso belächeln, wie wir die "Kindlichkeit" unserer Vorgänger.
Sind wir nicht alle Kinder unserer Zeit ?
"... war von fast unglaublichem ..."
- nicht fast, sondern einfach unglaublichem / heuchlerischen Vertrauen, es möge schon die nächste Übermacht / der nächste Sündenbock ...!?
Was ich von Zeitzeugen so hörte, war deren Denken nicht nur in Ihrem beschriebenen Maße von Vertrauen geprägt, sondern ebenso von Angst - nämlich der vor einem zuspitzenden Konflikt zwischen den "Übermächten" mit dem Kollateralschaden Deutschland.
So erscheint die damalige Stimmung des Vertrauens umso mehr wie die eines Kindes an seine "übermächtigen" Eltern, an die es alle Verantwortung abgibt. So erscheint sie umso mehr wie die Realitätsflucht in eine heile Kinderwelt.
Ich kenne Rentner, die sich dieses kindliche Gemüt erhalten haben und so autoritätshörig sind und nichts hinterfragen, dass man sich nur wundern kann. Diese Art des Vertrauens kann auch gefährlich sein, weil man extrem manipulierbar ist. Eben wie ein Kind.
Die heutige Verunsicherung scheint so wie die des Kindes, das in die Pubertät gekommen ist; orientierungslos, in Konfusion und von Trieben beherrscht, die es mehr oder weniger real auszuleben giert.
Ausser den linken hat 68 jeder gewusst, was von Sex zwischen Kindern und Erwachsenen zu halten ist.
Und heute weiss jeder, dass Kinderlose sich nicht einfach ein Kind anderer Leute legal kaufen können, sondern dass es Gesetze zur Adoption gibt, die durchaus Sinn machen.
@1326 (Profil gelöscht) äh, kirche?!
Dass es für Kinder grundsätzlich, immer und zwangsläufig traumatisch ist, mal was Anderes zu sehen als die eigene Familie, halte ich für eine gewagte Annahme.
"Was wird man eigentlich in 30 Jahren denken?"
Wenn die vorherrschende Dummheit sich so (im "gesunden" Konkurrenzdenken des nun "freiheitlichen" Wettbewerbs um ...) weiterentwickeln darf, dann wird / ist Denken ein Privileg, im Funktionieren des geistigen Stillstandes seit der "Vertreibung"!
Was noch fehlt....
Vielleicht wird man dann auch sagen, dass es viele intellektuelle Zyniker gab.
Sie haben sich weniger damit befaßt, aufzuklären und Basis Demokratie zu unterstützen, als sich an Unsäglichkeiten zu ergötzen in Wort, Bild und Ton.
Z. B. die aufgeklärte Journaille, eine davon die....
Mit Perversitäten konnte man damals viel Geld verdienen.
Die überwiegende Mehrheit der Weltbevölkerung litt unter den Verhältnisse, handfest.
Wie konnten wir in 2013 nur so dumm sein und Nicht-Europäern die Einreise verweigern. Heute ist es selbstverständlich, dass sich Menschen aus allen Ländern bei uns niederlassen können, eine Wohnung mieten, arbeiten und am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Damals starben tausende beim Versuch, heimlich oder auf Umwegen hierher zu kommen. Sie ertranken auf überladenen Flüchtlingsbooten im Mittelmer oder im Atlantik, und wir taten so als ob die Afrikaner überhaupt kein Recht hätten, ihrem Elend zu entfliehen. Und heute gibt es Lampedusa-Mahnmale in vielen Städten. Das waren grausame Zeiten für Menschen aus Somalia, Eritrea und anderswo.
@bouleazero Ist es Fortschriftsglaube oder Fortschrittshoffnung, was Sie in ihrem Statement offenbaren? Obwohl ich es nicht mehr erleben werde, teile ich die Hoffnung.
@bouleazero Sie haben das Recht. Und wir haben das Recht, Einwanderung zu uns regeln. Zwischen diesen Rechten muss abgewogen werden. Dass es keine ungeregelte Einwanderung zugleich mit einem Sozialstaat geben kann, müsste eigentlich auch der ignoranteste No-Border-Mensch verstehen (von anderen Problemen abgesehen). Naja, vielleicht ist es in 30 Jahren tatsächlich möglich. Schön wäre es. Derzeit sind solche Forderungen aber unglaublich verantwortungslos.
Nein, das müssen die nicht verstehen, wenn sie nicht wollen. Und sie wollen nicht.
Seit einiger Zeit achte ich übrigens bewusst auf Ihre Kommentare und stelle nahezu immer fest, dass sie meine Auffassung wiedergeben.
Merci vielmals dafür, dass Sie sich die Mühe machen, sie zu schreiben.
@D.J. Unglaublich verantwortungslos ist es, wer weiterhin Nicht-Europäern Rechte verwehren will, die für uns heute selbstverständlich sind. Unsere sozialstaatlichen Gesetze können wir an aktuelle Bedingungen anpassen, Flüchtlinge, die an unseren Grenzen sterben, weil wir sie nicht reinlassen wollen, kann nicht mehr geholfen werden.
Sie haben ja schon alles geschrieben, was man in 30 Jahren darüber denken wird.
Vielleicht sind wir dann milde, weil wir nicht mehr in solch unzivilisierter Gesellschaft leben und erkennen, wie sehr alles im Umbruch war und verhindert werden sollte, dass jeder selbstständig denken, leben und handeln kann, ohne dass staatliche, religiöse oder andere selbst ernannte Machthaber uns mit all verfügbarer Macht ausschalten, um sich unserer im eigenen Interesse zu bedienen.
Wär doch schön, ne?!
Aber vielleicht haben wir das auch in 30 Jahren noch nicht geschafft.
Von mir aus fangen wir jetzt damit an.
In den USA habe ich Anfang 1989 erzählt, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass die Mauer in meiner Lebenszeit fällt.
Ende des gleichen Jahres war sie gefallen.
Es kann also manchmal schnell gehen, wenn die Zeit reif ist.
Ich hoffe sehr, dass wir endlich anfangen, uns selbst zu steuern.
"Was heute als völlig mainstreamig erscheint, kann in 20 Jahren ein Skandal sein.."
Kinderficken war nie mainstreamig und Kinderhandel auch nicht. Es wird es auch in 30 jahren nicht sein. Leute, die sich wegen ihrer Lautstärke und Egozentrik für "die Gesellschaft", "die 68er" oder "die Aufgeklärten" halten gab es und wird es in ähnlicher Form auch in 30 Jahren geben. Es geht darum sie nicht mehr an die Macht zu lassen und ihnen die Diskurshoheit zu überlassen. Egal wie laut, wie gut vernetzt, wie gewalttätig oder wie medial vertreten sie sind.
@Kleine Lungs ficken a la Beck war nie Mainstream Lügen über das, was die "68er" vor 30 Jahren in Bezug auf das Schutzalter gefordert oder diskutiert haben, ist eben auch kein Mainstream.
Die Bundeswaldinventur zeigt: Der Wald verändert sich rasant, vor allem die Fichte verschwindet. Ein positiver Effekt ist die Zunahme von Totholz.
Der rote Faden: Und morgen sind wir richtig entsetzt
Angesichts von Pädophiliedebatte und weggenommenen Roma-Kindern lohnt es sich zu fragen: Was wird man eigentlich in 30 Jahren denken?
Was heute noch normal ist, kann morgen schon empören. Bild: sober eel kirk / photocase.com
Das etwas simple religiöse Bewusstsein imaginiert sich den Erhabenen gerne als eine Art Überwachungsgott: Gott sieht alles. So gesehen ist die NSA eine Art säkularisierter Allmächtiger. Sie sieht auch alles und hat gegenüber Gott den Vorteil, dass ihre Existenz ziemlich unstrittig ist.
Wenn wir schon bei der Säkularisierung sind: In der Welt der Philosophiehistorie ist gern vom gravierenden Bruch die Rede, den der Übergang vom griechischen zum judäochristlichen Weltbild markierte. War die hellenische Mentalität noch geprägt von einem statischen Denken – Stichwort ewige Wiederkehr des Gleichen –, brachte der jüdische Messianismus ein neues Zeitempfinden: Morgen wird es anders sein als heute, denn morgen kommt der Messias. Oder sonst irgendein Paradies. Prinzipiell futurozentrisch, nennen das die Fachleute, und der moderne Fortschrittsglaube war nur eine säkularisierte Schwundform davon.
Nun ist der Fortschrittsglaube in einer Welt längst arg zerzaust, in der Eltern nicht mehr so sicher sind, ob ihre Kinder es besser haben werden als sie selbst, und der kulturpessimistische Geister eine berechtigte Skepsis gegen den fragwürdigen Fortschritt von der Steinschleuder zur Megatonnenbombe eingepflanzt haben. Aber auch in dieser Welt gibt es noch Restbestände des Fortschrittsglaubens.
Sie kommen in der Haltung: Wie dumm konnten wir früher nur sein?, zum Ausdruck. Hier klingt die Vorstellung an, dass wir heute gescheiter sind als gestern und die Pathologien von früher längst hinter uns gelassen haben. Wie brutal und autoritär waren wir früher! Haben Kinder in die Obhut staatlicher Erziehungsanstalten gegeben, wo sie geprügelt und drangsaliert wurden! Würden wir nie wieder tun!
Wie dumm konnte man sein?
Auch die notorische „Pädophiliedebatte“ fällt in diese Kategorie: Vernünftige Geister dachten sich, man müsse die Sexualität des Kindes befreien, nicht zuletzt deswegen, weil wir schon mal bei der Befreiung der Sexualität im Allgemeinen waren, und warum nicht gleich die Sexualität Halbwüchsiger mit Erwachsenen? Wie dumm konnte man nur sein? Nein, so etwas wird uns nicht mehr passieren!
Aber Zweifel sind angebracht und damit der Ratschlag: Geben Sie acht, was Sie heute twittern, es könnte in 20 Jahren ihre Karriere ruinieren.
Was heute als völlig mainstreamig erscheint, kann in 20 Jahren ein Skandal sein, und dann sind nur jene fein raus, die heute keine schriftlichen Spuren hinterlassen.
Ein schönes oder, besser, erschreckendes Beispiel dafür ist die gegenwärtige europäische Hysterie wegen der Romakinder. Erst wird einer griechischen Romafamilie ihr Kind weggenommen, weil es blond ist und sich herausstellt, dass es nicht ihr leibliches Kind ist. Sofort raunt der Boulevard: Die haben es bestimmt gestohlen – womöglich ganz ruchlose Organhändler! Dann stellt sich heraus, sie haben das Kind nicht gestohlen, sondern aufgenommen, als wäre es ihr eigenes, weil die Ursprungsfamilie für die Kleine nicht sorgen konnte. Was passiert? Der bulgarischen Ursprungsfamilie werden auch noch ihre anderen Kinder weggenommen.
Fast alle machen mit
Währenddessen werden auch in Irland Roma ihre Kinder weggenommen, weil sie blond sind, und erst zurückgegeben, als sich herausstellt, dass sie wirklich die leiblichen Kinder sind. All das passiert hier und heute bei uns in EU-Europa, und fast alle machen mit: Fernsehmagazinmacher ziehen die Story hoch, normale Bürger trauen den Roma das natürlich zu, dass sie Kinder stehlen, die Kollegen vom Drecksboulevard von der anderen Straßenseite schreiben ihre suggestiven Schlagzeilen („Blondes Mädchen aus Roma-Camp befreit!“), und aus den Postingforen quillt die Niedertracht.
Gut möglich, dass wir uns in 20 Jahren, wenn wir die Storys derer hören, die heute auf diese Weise traumatisiert werden, fragen werden: Wie war das möglich? Welch Irrsinn! Was war das denn für ein verrücktes Zeitalter, in dem Kinder aus ihren Familien gerissen wurden – aus ostentativ rassistischen Motiven?
Wir sehen, es ist eine Mischung. Einerseits ewige Wiederkehr des Gleichen. Andererseits brütet jedes Jahrzehnt seinen eigenen Wahnsinn aus.
Es kann nicht schaden, sich zurückzulehnen und einmal die Frage zu stellen: Was wird man eigentlich in 30 Jahren darüber denken?
Natürlich ist das immer nur ein Gedankenexperiment. Nicht nur, weil wir nicht wissen können, was man überübermorgen denken wird, sondern auch, weil wir stets Gefangene unserer eigenen falschen Moral sind. Denn an all diesen Beispielen wird deutlich: Es geht nicht bloß um unmoralisches Verhalten, sondern um Verhalten, dass uns moralisch dünkt und gerade deshalb blind ist für die Amoral.
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Kommentar von
Robert Misik
Autorin
Geboren 1966, lebt und arbeitet in Wien. Journalist, Sachbuchautor, Ausstellungskurator, Theatermacher, Universaldilettant. taz-Kolumnist am Wochenende ("Der rote Faden"), als loser Autor der taz schon irgendwie ein Urgestein. Schreibt seit 1992 immer wieder für das Blatt. Buchveröffentlichungen wie "Genial dagegen", "Marx für Eilige" usw. Jüngste Veröffentlichungen: "Liebe in Zeiten des Kapitalismus" (2018) und zuletzt "Herrschaft der Niedertracht" (2019). Österreichischer Staatspreis für Kulturpublizistik 2009, Preis der John Maynard Keynes Gesellschaft für Wirtschaftspublizistik 2019.
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