Der neue Taliban-Chef: „Fürchtegott“ soll verhandeln
Der neue Taliban-Chef heißt Maulawi Haibatullah Achundsada. Er ist ein islamischer Geistlicher und gehört zur Gründergeneration.
Nach den zwei Feldkommandeuren Muhammad Omar und Achtar Muhammad Mansur führt nun erstmals ein islamischer Geistlicher Führer die religiös inspirierte Taliban-Aufstandsbewegung in Afghanistan: Maulawi Haibatullah Achundsada.
Zwar schmückten sich seine Vorgänger mit dem Titel „Mullah“, doch besaßen sie nur eine rudimentäre religiöse Ausbildung. Haibatullahs Titel Maulawi deutet höhere religiöse Bildung an. Das qualifiziert ihn, islamische Rechtsgutachten (Fatwas) zu erlassen, und gibt ihm den Titel Mufti. Auch wird er als „Scheich“ bezeichnet. Mullah Omar soll ihn, den Älteren, seinen „Lehrer“ genannt haben.
Haibatullah (was so viel wie „Fürchtegott“ bedeutet; die Afghanen sprechen sich oft mit dem ersten Namen an) trägt nun auch den Titel Amir ul-Momenin (Anführer der Gläubigen) und des Islamischen Emirates Afghanistan, wie sich die Taliban offiziell nennen. Er soll etwa 56 Jahre alt und in der südafghanischen Provinz Kandahar geboren worden sein. Er gehört zum Paschtunen-Stamm der Nursai.
Nach außen war Haibatullah zuvor kaum bekannt, in der Taliban-Bewegung aber prominent. Er gehört zur Gründergeneration und stand von Anfang an Mullah Omar nahe. Er arbeitete während der Taliban-Herrschaft in Kabul (1996–2001) im Justizapparat, wahrscheinlich zeitweise als Militärstaatsanwalt, was im Felde neben seiner religiösen Autorität auch Ansehen unter Kommandeuren eingebracht haben dürfte.
Haibatullah gehörte schon lang zum Taliban-Führungsrat, der sogenannten Quetta-Schura (benannt nach dessen früherem Hauptdomizil in der gleichnamigen pakistanischen Großstadt) sowie zum einflussreichen Rat der Islamgelehrten. Der soll Beschlüsse des Führungsrates religiös legitimieren.
Bis 2015 soll er an einer Koranschule in Quetta studiert und zugleich selbst eine solche Schule in der afghanischen Flüchtlingssiedlung Kuchlak nahe Quetta geleitet haben. Dafür wird er jetzt keine Zeit mehr haben, denn die Regierung in Kabul hat ihm schon das gleiche Schicksal angedroht wie Mansur, sollte er nicht zu Friedensgesprächen bereit sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!