: Der eilige Golota
Mike Tyson verscheucht in zwei Runden seinen Gegner Andrew Golota und boxt vielleicht doch noch weiter
BERLIN taz ■ Eigentlich sollte der Fight gegen Andrew Golota in Detroit der letzte Kampf von Mike Tyson werden. Nach dem grotesken Ausgang des Treffens am Samstag wird jedoch allgemein bezweifelt, dass der 34-Jährige seine Ankündigung wahr macht. „Das lässt ihn unerfüllt“, vermutet Tysons Berater Shelly Finkel, nachdem Golota vor Beginn der dritten Runde einfach den Ring verlassen hatte und in seine Kabine gegangen war – begleitet von wüsten Schmähungen seines Kontrahenten, der von Betreuern daran gehindert werden musste, dem gebürtigen Polen im Stile eines Catchers zu folgen und ihn außerhalb des Ringgevierts weiter zu vermöbeln. Auch die 16.228 Zuschauer im Palace von Auburn Hills waren hellauf entrüstet und bewarfen den Scheidenden mit vollen Getränkebechern und Popcorn.
Mike Tyson, der seinen Gegnern gern fürchterliche Dinge androht und diese manchmal auch wahr macht, hatte Golota in der ersten Runde schwer getroffen. Bereits danach wollte der 32-Jährige gehen, wurde von seinem Betreuer jedoch überredet, weiterzukämpfen. In Runde zwei kam er dann erheblich besser zurecht, was ihn aber nicht hinderte, endgültig das Weite zu suchen. „Eine Angstattacke“, meint Tysons Coach Tommy Brooks.
Noch als er später Auskunft über sein Verhalten gab, unfaires Vorgehen seines Gegners als Fluchtgrund vorgab und erklärte: „Es war nicht mein Tag“, zitterte Golota noch am ganzen Körper. Ähnliches war dem Schwergewichtsboxer, der nun um seine Börse von drei Millionen Dollar bangen muss, schon einmal passiert, als er beim Kampf gegen Michael Grant nach einem Niederschlag in Runde zehn sofort aufgab, obwohl er nach Punkten klar führte.
Erstaunter Beobachter am Ring war Weltmeister Lennox Lewis. „Die ganze Sache war ein Zirkus“, meinte der Brite, und Tyson sei „nur ein Schatten seiner selbst“ gewesen. „Golota hätte ihn schlagen können, aber er hatte nicht das Herz“, sagte Lewis, der seinen WBC/IBF-Titel am 11. November gegen David Tua verteidigt und die Gelegenheit nützte, sich für einen eventuellen Kampf gegen Tyson anzumelden, wenn dieser doch weitermacht. „Ich hoffe, er wartet auf mich. Ich habe etwas, mit dem ich ihn füttern kann.“ Sein Wort in Gottes Ohr. MATTI
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