piwik no script img

Der beliebteste Politiker GriechenlandsDas Unspektakuläre ist seine Stärke

Fotis Kouvelis ist der größte Triumph der Partei „Demokratische Linke“ und ihre größte Schwäche. Der kometenhafte Aufstieg eines spröden Juristen.

Anwalt des kleinen Mannes: Fotis Kouvelis. Bild: dpa

ATHEN taz | Er könnte die größte Überraschung, aber möglicherweise auch die größte Enttäuschung des Wahlabends liefern: Fotis Kouvelis, Parlamentsabgeordneter seit 23 Jahren und Chef der europafreundlichen „Demokratischen Linke“. Erst 2010 wurde die Partei von linken Abweichlern gegründet. Innerhalb von zwei Jahren gelang Kouvelis ein kometenhafter Aufstieg, zumindest in den Umfragen: Im März brachte er es zum beliebtesten Politiker des Landes.

Das Unspektakuläre ist das Besondere an Kouvelis. In einem Land, in dem Politiker gern als Streithähne agieren, tritt der Jurist fast schon spröde auf, auffallend leise im Ton, aber beharrlich in der Sache. Als Anwalt des kleinen Mannes setzt sich Kouvelis seit Jahren für die Rechte von Einwanderern und sozial Schwachen ein.

Doch seine Stärke ist zugleich seine Schwäche: Die „Demokratische Linke“ wird über seine Person definiert, Mitstreiter rücken kaum ins Rampenlicht, und wenn doch, dann schaden sie eher. So etwa Stamatis Malelis: „Deutschland will nur bluffen und hat kein Interesse daran, Griechenland aus dem Euro zu schmeißen, denn 50 Prozent der deutschen Exporte gehen heute in den europäischen Süden und 20 Prozent davon kommen nach Griechenland“, erklärte er mehrfach. Woher er diese Statistik hat, wollte er nicht verraten.

Überhaupt bleibt unklar, für welche Inhalte die Partei steht. Kouvelis plädiert für Wirtschaftswachstum und Bekämpfung der Steuerhinterziehung, aber das gehört zum Standardrepertoire griechischer Politiker. Immerhin hat die Demokratische Linke es geschafft, einen politischen Nischenmarkt zu besetzen: Keine andere Linkspartei ist derart kategorisch für den Euro. „Ein Austritt aus der Eurozone ist politischer Selbstmord“, meint der Parteichef und spricht damit vielen linksorientierten Wählern aus der Seele.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • AS
    Andreas Srör

    lieber herr adam,

    ich lebe seit 11 jahren in Gr, meine frau ist griechin. von den Tugenden von denen sie schreiben - Fleiss, Bescheidenheit und Gottesfürchtigkeit - ist allenfalls Gottesfürchtigkeit übrig geblieben. und selbst die ist groesstenteils geheuchelt. ich sehe das jeden tag, seit 11 jahren. von bescheidenheit keine spur: dicke autos, mehrere häuser und eine lust auf konsum, die der der amerikaner gleicht. in den letzten 10 jahren lebte das land vom privatkonsum und der bauwirtschaft. zu bescheidenheit gehört ebenfalls das auftretet. griechen glauben die erfinder der kultur schlechthin zu sein. aber die wenigsten in GR lebenden griechen können über den tellerrand hinausschauen. sie interessieren sich hauptsächlich für sich selbst. was fleiss anbetrifft, so ist es schwer, pauschal zu urteilen. meine erfahrung ist leider eine andere: was zählt, ist eine arbeit schnell zu erledigen, ohne sich zu sehr zu bemühen (siehe handwerker). auf den feldern arbeiten nur noch migranten, kein junger grieche würde sich für 3 euro bücken,trotz hoher arbeitslosigkeit. und auf albaner blicken fast alle herab. warum? weil griechen sich kulturell überlegen fühlen, weil sie so argumentieren wie Sie (älteste nation, haben der menschheit viel gegeben etc.) was griechen fehlt ist bescheidenheit, einsicht, selbstreflexion, selbstkritik, dialogbereitschaft, kurz, ein kulturwandel. hier kämpft jeder gegen jeden. einen bürgersinn gibt es nicht und hat es nie gegeben. und zur drachme will hier keiner zurück. warum? weil niemand, das verlieren will, was er vor allem in den letzten 10 jahren ohne grosse mühe erworben hat: geld, autos, ferienhäuser. keiner will die eu, aber alle wollen den euro. griechen haben das mass verloren. und daran ist nicht der euro schuld. wer würde nicht gern schnell reich werden? vor allem dann, wenn er arm war und im 20. jahrhundert noch wie im mittelalter lebte, zumindest auf dem land. es sind die alten denkmuster, die hier vorherrschen. und daran wird sich auch in 100 jahren nichts ändern. das sagen selbst die griechen. insofern: beten Sie, beten Sie viel.

  • KS
    Karl Sonneschein

    "„Ein Austritt aus der Eurozone ist politischer Selbstmord“, meint der Parteichef und spricht damit vielen linksorientierten Wählern aus der Seele. "

     

    Entschuldigung bitte, das ist nur die halbe Wahrheit, denn "Der Eintritt in die Eurozone war politischer Selbstmord" und "Ein Verbleib in der Eurozone ist politischer Selbstmord" sind ebenso richtig.

     

    Ob Griechenland im Euro bleibt oder nicht wird wahrscheinlich ohnehin nicht in Griechenland entschieden.

     

    Es ist schon ausgesprochen dumm wenn man sich keinen Notausgang offen haelt. Die Entaeuschung wird somit bei einem Rauswurf umso groesser sein.

     

    Das Beste was den Griechen an diesem Wahlsonntag passieren kann ist ein Wahlsieg von Hollande.

  • PA
    Peter Adam

    Sehr geehrter Herr Jannis Papadimitriou.

     

    Ich kenne sie leider nicht, doch Ich nehme an sie sind bedeutend jünger als Ich ( Baujahr 1962).

    Ich wurde in Komotini geboren und kann mich noch sehr gut an die Zeiten erinnern, als die Griechen Ihre Drachme hatten. Ich erinnere mich noch an Onkel Mitzo, den Bäcker unseres Viertels und wie wir für weniger als 2 Drachmen damals ein Brot kaufen konnten. Zugegeben, es waren andere Zeiten, aber in meinen Augen waren es bessere Zeiten als heute unter der Bevormundung durch die EU. Das griechische Volk hat sich durch den Wohlstand der Ihm versprochen wurde blenden lassen. In unserer Naivität haben wir beim Eintritt in die EU geglaubt mit Hochtechnologieländern wie Deutschland mithalten zu können, doch das war ein folgenschwerer Irrtum der unser Volk nun in bittere Armut und Verzweiflung gestürzt hat. Ich wünsche mir nichts sehnlicher als die Rückkehr zu unsere alten Währung, mit der es uns möglich wäre unseren Gläubigern ( hauptsächlich Banken und andere Sozialschmarotzer) eine lange Nase zu drehen. Ein Austritt aus der EU ist das einzigste was unserem Volk wirklich seine Freiheit und ein würdevolles Leben wiedergeben könnte. Es spricht ja nichts dagegen nach einer Phase der Konsolidierung abermals einen Beitritt zur EU zu wagen, doch bis dahin wäre eine Partnerschaft ( quasi als mit der EU assoziiert)eindeutig die bessere Wahl als irgendwelchen fettgefressenen Politikern wie Venizelos und wie sie alle heissen mögen zu vertrauen. Griechenland und das griechische Volk müssen sich auf Ihre ureigensten Tugenden zurück besinnen. Diese Tugenden waren zu meiner Zeit, Fleiss, Bescheidenheit und Gottesfürchtigkeit. Wir sind eines der ältesten Völker Europas, unsere Vorfahren haben der gesamten Menschheit unendlich viel gegeben, sollen die Völker der Welt auf uns als Bettler herabschauen? Soll das Wort " Grieche " einen negativen Beigeschmack bekommen, indem man unser Volk mit " Schmarotzern " gleichstellt?

    Es ist letztlich eine Frage der nationalen Ehre zur Drachme zurück zu kehren, der Welt zu signalisieren das ein ganzes Volk in der Lage ist seine Fehler einzugestehen und dadurch ein Beispel von wahrer Größe zu geben. Ich wünsche unsere beider Heimat nur das beste und bete für den Tag an dem die Menschen unseres Volkes Vernunft annehmen und eine neue Bescheidenheit an den Tag legen.

     

    Mit freundliche Grüßen

    Ihr Landsmann

     

    Peter Adam

  • PA
    Peter Adam

    Sehr geehrter Herr Jannis Papadimitriou.

     

    Ich kenne sie leider nicht, doch Ich nehme an sie sind bedeutend jünger als Ich ( Baujahr 1962).

    Ich wurde in Komotini geboren und kann mich noch sehr gut an die Zeiten erinnern, als die Griechen Ihre Drachme hatten. Ich erinnere mich noch an Onkel Mitzo, den Bäcker unseres Viertels und wie wir für weniger als 2 Drachmen damals ein Brot kaufen konnten. Zugegeben, es waren andere Zeiten, aber in meinen Augen waren es bessere Zeiten als heute unter der Bevormundung durch die EU. Das griechische Volk hat sich durch den Wohlstand der Ihm versprochen wurde blenden lassen. In unserer Naivität haben wir beim Eintritt in die EU geglaubt mit Hochtechnologieländern wie Deutschland mithalten zu können, doch das war ein folgenschwerer Irrtum der unser Volk nun in bittere Armut und Verzweiflung gestürzt hat. Ich wünsche mir nichts sehnlicher als die Rückkehr zu unsere alten Währung, mit der es uns möglich wäre unseren Gläubigern ( hauptsächlich Banken und andere Sozialschmarotzer) eine lange Nase zu drehen. Ein Austritt aus der EU ist das einzigste was unserem Volk wirklich seine Freiheit und ein würdevolles Leben wiedergeben könnte. Es spricht ja nichts dagegen nach einer Phase der Konsolidierung abermals einen Beitritt zur EU zu wagen, doch bis dahin wäre eine Partnerschaft ( quasi als mit der EU assoziiert)eindeutig die bessere Wahl als irgendwelchen fettgefressenen Politikern wie Venizelos und wie sie alle heissen mögen zu vertrauen. Griechenland und das griechische Volk müssen sich auf Ihre ureigensten Tugenden zurück besinnen. Diese Tugenden waren zu meiner Zeit, Fleiss, Bescheidenheit und Gottesfürchtigkeit. Wir sind eines der ältesten Völker Europas, unsere Vorfahren haben der gesamten Menschheit unendlich viel gegeben, sollen die Völker der Welt auf uns als Bettler herabschauen? Soll das Wort " Grieche " einen negativen Beigeschmack bekommen, indem man unser Volk mit " Schmarotzern " gleichstellt?

    Es ist letztlich eine Frage der nationalen Ehre zur Drachme zurück zu kehren, der Welt zu signalisieren das ein ganzes Volk in der Lage ist seine Fehler einzugestehen und dadurch ein Beispel von wahrer Größe zu geben. Ich wünsche unsere beider Heimat nur das beste und bete für den Tag an dem die Menschen unseres Volkes Vernunft annehmen und eine neue Bescheidenheit an den Tag legen.

     

    Mit freundliche Grüßen

    Ihr Landsmann

     

    Peter Adam