Der Zloty bleibt: Vorerst kein Euro in Polen
Die Regierung Tusk wollte die europäische Gemeinschaftswährung Anfang 2012 einführen. Doch das Projekt wurde aufgeschoben. Die Mehrheit der Bevölkerung findet das gut.
WARSCHAU taz | Polen sind große EU-Enthusiasten. Auch dem Euro als künftiger polnischer Währung standen die reisefreudigen Mittelosteuropäer zunächst aufgeschlossen gegenüber. Doch die Eurokrise brachte die Gemeinschaftswährung bei den Polen gründlich in Verruf. Heute will nur noch jeder zehnte Pole die Landeswährung Zloty gegen den Euro eintauschen.
Dies zeigt eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS Obop. Zwei Drittel der Polen sind strikt dagegen. Wäre der ambitionierte Plan Premier Donald Tusks von 2007 aufgegangen, würden die Polen schon ab dem 1. Januar 2012 mit Euro bezahlen.
Doch dieses Projekt ist gescheitert. Nicht nur wegen der weltweiten Finanzkrise, die Polen als einziges EU-Land ohne Rezession überstand, sondern auch, weil Polen sich gar nicht mehr bemühte, die zur Euroeinführung notwendigen Maastricht-Kriterien einzuhalten. Der Zloty begann zu schlingern.
Währungsachterbahn
Wie auf einer Achterbahn ging es mit Polens Währung mal steil nach oben, mal tief in den Keller. Schließlich griffen Polens Nationalbank und einige staatliche Banken massiv in den Markt ein und verkauften in zwei- und dreistelliger Milliardenhöhe Devisenreserven. Dies stärkte den Zlotykurs - für ein paar Tage blieb er stabil.
Dann mussten Polens Währungshüter erneut eingreifen. Am Ende scheint aber die Warnung von Nationalbankchef Marek Belka, Polen werde auch in Zukunft seine Währung verteidigen, gewirkt zu haben: Währungsspekulanten hielten sich auffallend zurück und der Zlotykurs stieg wieder leicht an.
Es rächt sich, dass Polen auch in guten Konjunkturzeiten weder Rücklagen bildete noch seine Schuldenpolitik herunterfuhr. Die in Polens Verfassung festgelegte Schuldenbremse in Höhe von 55 Prozent des Bruttoinlandsprodukts quietscht vor Jahresende gewaltig.
Zwangssparen
Ein schwacher Zloty würde Polens Schulden, die zum Teil in Devisen aufgenommen wurden, über das 55-Prozent-Limit steigen lassen. Ein Überschreiten des Limits würde die Regierung zum Zwangssparen verdammen. Spielraum bei der Haushaltsgestaltung bliebe dann nicht mehr.
Stichtag ist der 31. Dezember. Ohne großes Aufsehen zu erregen, ließ daher Polens Finanzminister Jacek Rostowski Staatsobligationen in zweistelliger Milliardenhöhe vorzeitig zurückkaufen. Auch das mit dem Ziel, Polens Währung zu stärken und den Schuldenstand unter dem 55-Prozent-Limit zu halten.
Tusks Regierung will 2012 mit der Sanierung der Staatsfinanzen beginnen. Der Euro aber ist für Polen zunächst in weite Ferne gerückt. Nationalbankchef Belka und Finanzminister Rostowski erklärten unlängst, dass Polen den Euro übernehmen werde, "wenn es für Polen günstig" sei und "wenn alle Euromitglieder die Maastricht-Kriterien" einhielten. Viele Polen verstehen darunter: In absehbarer Zeit kommt der Euro nicht.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Tod von Gerhart Baum
Einsamer Rufer in der FDP-Wüste
Verlierer der Wahlrechtsreform
Siegerin muss draußen bleiben
+++ Nachrichten zur Ukraine +++
Gespräche bei der Sicherheitskonferenz
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten