: Der Vulkan floriert – im Cyberspace
■ Merkwürdige Selbstdarstellung des Landes Bremen im Internet / „Nur ein erster Gehversuch“
Im realen Leben gibt es gute und schlechte Adressen. Das ist im virtuellen Leben nicht anders. Im Internet gilt: Je kürzer eine Adresse, desto exklusiver ist sie. Bremens vornehmste Adresse lautet deshalb schlicht „bremen.de“. Wer dort nachguckt, stößt auf eine offiziöse Datensammlung unter dem Bremer Stadtwappen. Und erhält zum Beispiel unter der Überschrift „Was ist Bremen wirtschaftlich gesehen?“ eine gute Nachricht: „Heute ist der Bremer Werftenverbund gut im internationalen Geschäft eingeführt und engagiert sich bei der Umstrikturierung von Werften in Ostdeutschland. Spezialschiffbau, die Entwicklung des ,Schiffes der Zukunft', Fährschiffbau, Super-Kreuzliner und qualifizierte Reparaturleistungen sind nur einige Stichworte. Rund 7.000 Menschen sind auf den Werften in Bremen und Bremerhaven beschäftigt.“
„Das klingt wie ein Märchen aus der guten alten Zeit“, gesteht Senatssprecher Klaus Sondergeld und verspricht: „Ab September werden die offiziellen Bremen-Seiten im Internet professionell betreut.“ Eine Arbeitsgruppe von Vertretern der Senatsressorts für Wirtschaft, Häfen und aus dem Rathaus ist seit Wochen unter Führung der Senatskommission für das Personalwesen dabei, das Konzept für die Bremen-Präsentation im Cyberspace festzulegen. Die redaktionelle Verantwortung übernimmt die „Bremen-Werbung“ unter Senatssprecher Sondergeld.
Doch bis es soweit ist, schmückt sich Bremen weiterhin mit dem schon vor Monaten untergegangenen Vulkan-Verbund. „Das war ein erster Gehversuch nach dem Motto quick and dirty“, sagt Wolfgang Schmidt vom Senator für Wirtschaft, der die erste Bremer Internet-Präsentation in Auftrag gegeben hatte. Für die veraltete Schönrede des Schiffbau-Standorts Bremen hatte der Häfensenator gesorgt.
Damit Peinlichkeiten dieser Art in Zukunft vermieden werden, hat Schmidt vier Stellen für die Betreuung des Internet-Angebots geschaffen, eine davon soll sich ausschließlich dem Wirtschaftsteil zuwenden. Doch auch damit hat sich die Behörde bereits Ärger gemacht.
„Der Senat spannt uns mit seinem kostenlosen Angebot, Firmenwerbung über ,bremen.de' zu verbreiten, Kunden aus“, klagt Ralf Röber von der „Internationalen Stadt Bremen“. Diese kleine Firma ist bereits seit 1994 dabei, Bremen-Infos im weltweiten Internet zu verbreiten. Außerdem bietet sie Bremer Unternehmern Hilfe beim Zugang zum Internet – natürlich gegen Bezahlung.
Der Wirtschaftssenator macht das nun allerdings kostenlos und noch dazu unter der attraktiven Adresse „bremen.de“. Die hatte der Wirtschaftssenator den Pionieren von der Internationalen Stadt vor der Nase weggeschnappt. Und damit sie ihm nicht wieder verlorengeht, mußte „bremen.de“ eben mit irgendwas vollgeschrieben werden – und sei es eine Jubelmeldung über den Vulkan-Verbund.
Zumindest optisch wird die Bremen-Präsentation ab September aufgemöbelt. Inhaltlichen Einfluß auf die unter „bremen.de“ ins Internet eingespeisten Texte will das Wirtschaftsressort jedoch ausdrücklich nicht nehmen. Schmidt: „Das Konzept ist ein völlig offenes, jeder Anbieter ist für seine eigenen Seiten verantwortlich.“ Ase
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