Der VRR spart sich die Kunden

Statt an den Verwaltungskosten zu sparen, erhöht der Verkehrsverbund Rhein Ruhr lieber die Preise. Städte übergreifende Kooperationen bleiben unzureichend. Kunden-Rückgang einkalkuliert

Von Ulla Jasper

Die Verbandsversammlung des Verkehrsverbunds Rhein Ruhr wird am Mittwoch die größte Tariferhöhung seit acht Jahren beschließen. Fahrkarten werden dann ab dem 1. Januar 2005 um durchschnittlich 4,5 Prozent teurer. Begründet wird dieser vom VRR-Hauptausschuss als „alternativlos“ bezeichnete Schritt mit dem Abbau staatlicher Subventionen. Die Streichung von Zuschüssen führe zu einem Einnahmeverlust in Höhe von 24 Millionen Euro in den nächsten drei Jahren. Doch vor der entscheidenden Sitzung am Mittwoch mehren sich kritische Stimmen, die auf die negativen Auswirkungen dieser Preiserhöhung hinweisen:

Für Georg Deppe vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) sind die Preiserhöhung schlicht „kontraproduktiv“, um die Verkehrswende im Ruhrgebiet herbeizuführen. Und auch der Fahrgastverband Pro Bahn spart nicht mit seiner Kritik. Statt Preiserhöhungen böten Kooperationen der einzelnen Verkehrsbetriebe wesentliche Einsparmöglichkeiten, so Thomas Hensel vom Fahrgastverband: Die Kooperation Östliches Ruhrgebiet – von der Bochumer BOGESTRA mit den Nachbarunternehmen aus Dortmund, Herne und Castrop-Rauxel vor fünf Jahren ins Leben gerufen – und auch ihr Pendant MEOLINE für das westliche Ruhrgebiet zeigten im Ansatz, wie durch gemeinsame Planung und Organisation Kosten gesenkt und die Qualität nachhaltig verbessert werden könne. Doch leider beschränkte sich die neue Gemeinsamkeit auf Beschaffungs- und Ausbildungsstrukturen. Die Kooperation Östliches Ruhrgebiet sei dadurch zwar zum drittgrößten Bus-Besteller Deutschlands geworden. Doch weitergehende Schritte, die langfristig auch eine gemeinsame Verwaltung und letztlich die Fusion der zergliederten Verkehrsbetrieben an Rhein und Ruhr bedeuteten, würden nicht angestrebt.

Das bestätigt auch der Sprecher der BOGESTRA in Bochum: Man wolle die „Identität der einzelnen Unternehmen und ihre lokale Stärke“ nicht gefährden, so Christoph Kollmann. Deshalb behalte jeder der 24 kommunalen Verkehrsbetriebe, die im VRR zusammengeschlossen sind, eine eigene Verwaltung.

Dominik Vinbruck von Pro Bahn kritisiert, dass weitere Chancen zur Kostensenkung und zur Erzielung von Synergieeffekten immer wieder verschenkt würden: „Essen und Bochum haben kürzlich kurz nacheinander mehrere Straßenbahnen bestellt – jedoch unabhängig voneinander und ohne durch Kooperation Rabattmöglichkeiten auszuschöpfen.“ Vinbrock weist darüber hinaus aber auch darauf hin, dass die Stadtgrenzen übergreifende Kooperation oftmals nicht nur am Willen, sondern auch an mangelhaften technischen Voraussetzungen scheitere — zum Beispiel an den verschiedenen Spurbreiten der Straßenbahnen oder an der fehlenden Vernetzung des Funkverkehrs, die es unmöglich mache, kurzfristig auf Verspätungen zu reagieren und Abfahrtszeiten der Anschlüsse zu koordinieren.

Anstatt die regionale Kooperation tatsächlich auszuweiten wird mit der angekündigten Preissteigerung der Wegfall der Subventionen einseitig auf den Kunden übertragen, wie die Kritiker der Preissteigerung argumentieren. Die als alternativlos bezeichnete Preiserhöhung verdecke, dass es durch gemeinsame Verwaltungsapparate, regionale Beschaffungsagenturen oder Werkstätten für den VRR durchaus andere Möglichkeiten gäbe, um eine derartige Preissteigerung auf dem Rücken der Kunden zu verhindern.

VRR-Geschäftsführer Klaus Vorgang hat vorsichtshalber schon angedeutet, dass man im nächsten Jahr mit einem Rückgang der Fahrgastzahlen rechnen müsse. Dies sei aber in der neuen Preisstruktur einkalkuliert.